Was sind die Differenzierungs-Merkmale von Maerki Baumann?

Wir wollen uns als Schweizer «Private-Banking-Boutique» mit unserer Unabhängigkeit, Persönlichkeit und Individualität abheben. Nicht wenige Mitbewerber streben aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen nach immer mehr Standardisierung. Ausgeklügelte Eigenprodukte und effiziente Vertriebsorganisationen stehen dabei oft im Spannungsfeld zu den eigentlichen Kundenbedürfnissen. Produktbezogene Verkaufsziele und Incentivierungsmodelle gefährden eine glaubwürdige Anlagetätigkeit zusätzlich und widersprechen dem Gedanken des Private Banking. Da wollen wir Gegensteuer geben. 

«Der Kunde weiss dann, wofür er zahlt»

Mitte Jahr werden wir zudem ein modulares Anlagekonzept lancieren, das die Beratung und Vermögensverwaltung, so wie wir sie kennen, revolutionieren wird.

Was heisst das genau?

Unsere Aufgabe ist es, dem Kunden aufzuzeigen, welche Wertschöpfung unsere Bank erbringt. Dank unserer Modularisierung weiss der Kunde ganz genau, wofür er zahlt. Zudem wird jedes der Anlagemodule eine eigene Benchmark und einen eigenen Leistungsausweis haben. Auch die Anlagekommunikation wird modulartig aufgebaut sein. Die Modularisierung wird die Individualität der Dienstleistung deutlich erhöhen und uns die Kundenakquise erleichtern.

Sehr wohlhabende Kunden oder Family Offices interessieren sich beispielsweise eher selten für gemischte Mandate. Sie suchen sich einzelne Dienstleistungskomponenten in Bereichen aus, in denen man eine ausgewiesene Expertise besitzt – in unserem Fall zum Beispiel in Schweizer Aktien oder indirekten Immobilienanlagen.

Die Flexibilität unserer neuen Anlagelösung wird es erleichtern, den unterschiedlichen Kundenbedürfnissen gerecht zu werden. Über die Preise und die Ausgestaltung der einzelnen Module werden wir Mitte Jahr informieren. 

«Wir haben kürzlich ein Big-Data-Projekt lanciert»

Wie geht man bei Maerki Baumann mit der Digitalisierung um?

Die Digitalisierung ist eine Chance, die Intensität des Kundenkontakts und die Kontaktfrequenz deutlich zu erhöhen. Wir diskutieren gegenwärtig über den Ausbau des Online-Angebots. Dies mit dem Ziel, dass der Kunde nicht nur rund um die Uhr die Performance seiner Anlagemodule einsehen, sondern auch jederzeit Anlagevorschläge in Auftrag geben kann.

Weiter haben wir kürzlich ein Big-Data-Projekt lanciert. Dieses umfasst das systematische Sammeln und Aufbereiten von Daten über die Kundenaktivitäten in einem Data-Warehouse. Dies hilft uns, die Kundenbedürfnisse im Detail zu analysieren und unsere Beratung noch individueller zu gestalten. Firmen wie Google und Amazon machen das schon länger und höchst erfolgreich.

Manche Privatbanken binden Roboadvisor in ihr Beratungskonzept ein. Ist dies auch bei Maerki Baumann denkbar?

Durchaus. Es gibt einige gute Technologien im Markt. Wenn wir solche Dienstleistungen lancieren sollten, dann aber immer in Ergänzung zum klassischen Private Banking – also als hybrides Modell.

Damit riskieren Sie eine Kannibalisierung innerhalb der Beratung?

Ja, aber das muss man zulassen, wenn man die Kundenbedürfnisse ernst nimmt. Wir lancieren Ende dieses Monats beispielsweise eine passive Anlagelösung, die günstiger sein wird als ein klassisches, aktiv verwaltetes Mandat.

«Wir stehen am Anfang einer Wachstumsphase»

Wie verlief der Start ins neue Jahr?

Sehr wahrscheinlich werden wir im laufenden Jahr das letztjährige Geschäftsergebnis übertreffen. Ich bin überzeugt, dass wir nun an einem Punkt angelangt sind, an dem wir eine sehr gute Ausgangslage haben. Denn die Altlasten-Bereinigung ist mehrheitlich erledigt, und dank unserer Investitionen in Expertise und Technologie stehen wir nun am Anfang einer Wachstumsphase.

Dem Vernehmen nach ist Maerki Baumann kräftig auf die Kostenbremse getreten.

Wir haben aus betriebswirtschaftlichen Gründen tatsächlich Korrekturen vorgenommen, sprich Personal reduziert und die Lohnsumme im Vergleich zu den Vergütungen vor der Finanzkrise gesenkt. Diese Phase ist nun abgeschlossen und wird sich im zweiten Halbjahr positiv zu Buche schlagen.

«Auch ich brauche Momente, in denen ich mich vom Beruf löse»

Sie sind auch im Vorstand des Zürcher Bankenverbands und engagieren sich für die Wissenschaft. Wie kriegen Sie das alles unter einen Hut?

Meine Betätigungen sind tatsächlich vielseitig. Aber ich habe sie nie als Last empfunden. Denn die Dinge, die ich tue, übe ich mit Leidenschaft aus und nicht nur der Karriere willen. Ich bin kein Verfechter des Work-Life-Balance-Konzepts. Hat man das Glück in einer Funktion zu arbeiten, die erfüllend ist, dann ist der Beruf kein Widerspruch zum Leben.

...ganz nach dem Motto von Konfuzius: Wer die Arbeit liebt, der arbeitet nicht?

(Lacht) Ja, das trifft es ganz gut. Aber auch ich brauche Momente, in denen ich mich vom Beruf löse.

Sie gelten als Kunst- und Literatur-Geniesser. Was lesen Sie derzeit?

«Montecristo» von Martin Suter, einer meiner Lieblingsautoren. Das Buch ist unterhaltsam, aber nicht sehr schmeichelhaft für uns Bankleute. Dennoch sollten sich gerade Banker mit solchen, teils plakativen Darstellungen auseinandersetzen. Im Banking haben Exzesse stattgefunden, dem ist so. Mittlerweile hat sich die Bankenwelt aber verändert. Und es zählt zu unserer Aufgabe, Aufklärung zu leisten.

«Danach schlich sich ein Gefühl der Leere ein»

Besitzen Sie auch selber Kunst?

Mein erstes Kunstwerk habe ich vor knapp zehn Jahren gekauft: ein Gemälde von Robert Gniewek, einem amerikanischen Fotorealisten. Zuerst habe ich es nur auf Probe gehabt. Ich liess es vom Galeristen wieder abholen, weil es mir zu teuer war. Danach schlich sich ein Gefühl der Leere bei mir ein, woraufhin ich es dennoch kaufte.

Es ist verblüffend, wie ein Gemälde oder eine Skulptur raumfüllend sein kann und Kraft und Stabilität spendet. Kunst ist für mich eine Quelle der Inspiration in dem Sinne, dass ich meine Gedanken fliegen lassen kann.


Der 38-jährige Stephan A. Zwahlen wurde Anfang Februar 2016 überraschend zum CEO von Maerki Baumann ernannt. Zuvor verantwortete er bei derselben Bank während sieben Jahren den Bereich Investment Solutions & Services. Ab September 2010 war er zudem stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsleitung.

Der promovierte Ökonom der Universität St.Gallen begann seine Karriere 2005 bei Maerki Baumann als Gesamtprojektleiter für die strategische Neupositionierung der Bank und die Gründung der Schwesterbank Incore. Danach wechselte Zwahlen zur UBS Global Wealth Management, wo er im Bereich des internationalen Mandatsgeschäfts tätig war, bis zu seinem vorherigen Arbeitgeber zurückkehrte.