UBS-Chef Sergio Ermotti ist hin und her gerissen: Einerseits ist Europa für die Bank ein wichtiger Markt. Andererseits sieht der Tessiner mehrheitlich schwarz für dessen Zukunft. Doch er weiss Rat.
«Lassen Sie es mich diplomatisch formulieren: Europa hat Verbesserungspotenzial,» sagte UBS-Chef Sergio Ermotti in einem Interview mit der «Süddeutschen Zeitung» (bezahlpflichtig).
Aber dann wird Ermotti eher undiplomatisch. Es folgt ein eigentlicher Rundumschlag auf die – unbestrittenen – Fehlentwicklungen in Europa: Mangelndes Wachstum, auch im für die UBS wichtigsten EU-Markt Deutschland, mangelnde Reformen, Mängel im Gerüst der Europäischen Union.
Gemeinsame Aussen- und Verteidigungspolitik
«Wenn das so weitergeht, dann spielt Europa zwischen Asien und den USA irgendwann keine Rolle mehr.» Ermotti sagte weiter, man könne nicht eine gemeinsame Währung und Geldpolitik verfolgen, ohne auch eine Fiskalunion anzustreben.
«Ich gehe sogar noch weiter. Ich denke, dass Europa künftig in einem föderalistischen Modell nicht nur eine gemeinsame Fiskalpolitik, sondern auch eine gemeinsame Aussen- und Verteidigungspolitik braucht.»
Rettung ohne Ausweg: EZB
Mangels Reformstau sei die Europäische Zentralbank (EZB) die einzige Institution, die wirklich etwas gegen die Wachstumsprobleme unternehmen könne. «Im Moment tut sie es auf die amerikanische Art. Aber für Europa muss das nicht unbedingt die richtige Medizin sein. Wichtig wäre, dass die Politik Reformen durchsetzt, dass sie die Arbeitsbedingungen der Unternehmen verbessert - aber das passiert nicht», so der UBS-CEO.
Also werde die EZB mit ihrer expansiven Geldpolitik weitermachen. Sie könne gar nicht anders. Die langfristigen Auswirkungen dieser Geldpolitik seien heute völlig ungewiss. «Und eines Tages - besser früher als später - müssen die zugrunde liegenden Probleme gelöst werden», fordert er.
Die Situation empfindet Ermotti als «sehr ernst», da ein Austritt Grossbritanniens aus der EU drohe. Komme es zu einem «Brexit», sei wichtig, dass er keine grossen Einschränkungen für den freien Güter- und Kapitalverkehr zu Folge habe. Der UBS-Chef sieht auch die Möglichkeit, dass weitere Länder dem Beispiel Grossbritanniens folgen könnten.
Entscheidung über Europagesellschaft
Trotz der riesigen strukturellen Probleme Europas setzt die UBS auf diesen Markt, vor allem Deutschland. Wie bereits berichtet, plant die UBS die Gründung einer Europagesellschaft für deren Sitz auch Deutschland im Gespräch ist. «Bis Ende des Jahres werden wir eine Entscheidung haben und Deutschland könnte dann für uns eine noch wichtigere Rolle spielen.»