Die Credit Suisse muss sich unter schwierigsten Marktbedingungen neu erfinden. Das Gleiche gilt für die Deutsche Bank. Beide Häuser haben denselben Grossaktionär. Was bedeutet das?
Zwei Banken in der Existenzkrise und zweimal derselbe Grossaktionär: die Scheichfamilie aus dem Öl- und Gas-Emirat Katar. Bei der Deutschen Bank ist es Scheich Hamad Bin Dschassim Al Thani, der bislang rund 6 Prozent der Aktien hielt. Bei der Credit Suisse (CS) ist es die Qatar Holding, eine Tochter des katarischen Staatsfonds, die über 18,5 Prozent des Kapitals kontrolliert.
Privat- und Staatsvermögen sind in der weitverzweigten katarischen Scheich-Familie nicht so klar getrennt. Klar ist aber, dass Katar mit den Investments in die beiden Grossbanken unzufrieden ist. Das deutsche «Handelsblatt» will von einem verärgerten Scheich wissen, der nicht nur sein Milliarden-Investment in die Deutsche Bank schmelzen sieht, sondern auch den Scherbenhaufen einer einst führenden Investmentbank.
Dramatische Veränderungen
Die CS war für ihre Investoren aus dem Nahen Osten lange Zeit mehr als nur eine Kapitalanlage. Sie agierte vielmehr als eine enge Geschäftspartnerin. Der frühere Investmentbank-Chef Eric Varvel sowie Ex-CEO Brady Dougan pflegten enge Beziehungen zur Scheich-Familie und ihrem Vertreter im CS-Verwaltungsrat Jassim Bin Hamad J.J. Al Thani.
Doch die Situation hat sich in den letzten Monaten dramatisch verändert. In der CS arbeitet CEO Tidjane Thiam an einer Bank, die international noch ihr Profil finden muss: Ist dann einmal die Swiss Universalbank abgespalten, bleibt eine mittelgrosse CS übrig, die sowohl in der Vermögensverwaltung als auch im Investmentbanking international keine führende Rolle mehr spielen kann.
Führende Rolle ist weg
Auf dem Zürcher Finanzplatz wird offen darüber gesprochen, dass mit dem Schweizer Spin-off die internationale CS für einen Verkauf zurecht gemacht wird.
Parallel dazu hat sich der CEO der Deutschen Bank, John Cryan, zu einer radikalen Schrumpfkur in seinem Hause entschlossen und räumt in der Investmentbank ebenfalls rigoros auf. Er stutzt die einstige Paradedisziplin zurecht.
Übernahme oder Fusion?
Günter Käser, Mitgründer und Teilhaber der KK Group, einem alteingesessenen Schweizer Finanzresearch-Unternehmen schrieb unmittelbar nachdem Thiam im vergangenen November seine neue Strategie kund getan hatte: «Wetten, dass damit der Weg für eine Übernahme oder Fusion der ‹Internationalen Bank› vorgezeichnet ist?»
An den Schaltstellen der CS hört man solche Fragen gar nicht gerne, wie auch finews.ch erfahren musste. Auch Übernahmespekulationen zur Deutschen Bank sind mehr als nur Unkenrufe. Sogar UBS-CEO Sergio Ermotti musste vergangene Woche Fragen von Medienleuten entgegen nehmen, ob die UBS Interesse an einem derartigen Schulterschluss hätte.
Wachstumsziele schwer zu erreichen
Ein Zusammengehen der CS und der Deutschen Bank wäre indessen wohl die logischere Lösung: Bereits 2014, als sich Scheich Al Thani bei der Deutschen Bank einkaufte, hatte finews.ch von der nicht ganz abwegigen Spekulation einer Fusion der beiden Häuser geschrieben.
Inzwischen haben sich die möglichen Treiber einer solchen Grosstransaktion nochmals akzentuiert. Mehr denn je haben sich die Veränderungen verstärkt, die sich in der globalen Finanzbranche ereignen.
Die Wachstumsziele, die sowohl Thiam als auch Cryan im Private Banking vorgegeben haben, sind angesichts der harten Konkurrenz und in diesem schwierigen Marktumfeld nur sehr schwer zu erreichen.
US-Banken im Vormarsch
Handelsorientiertes Investmentbanking, wie es die CS und die Deutsche Bank betrieben haben, lässt sich nur noch von sehr gut kapitalisierten Instituten betreiben. In Anbetracht der gegenwärtigen Kapitalschwäche der beiden Häuser ist die Prognose relativ einfach zu machen: Im Alleingang wird keine der beiden Banken in den nächsten Jahren eine führende Rolle im Investmentbanking einnehmen können. Dies ist mehr und mehr den grossen US-Banken vorbehalten.
In Europa wie in Asien wird diese Entwicklung mit grosser Sorge beobachtet, denn Investoren wollen eine Alternative zu Wall Street. Und die Scheichs im Nahen Osten wünschen sich starke europäische Banken – sonst hätten sie weder in die CS noch in die «Deutsche» Milliarden investiert.
Dass Katar nun langsam die Geduld zu verlieren scheint, ist angesichts der gigantischen Geldvernichtung in Zürich wie in Frankfurt wenig verwunderlich. Die Scheichs sind in erster Linie Geschäftsleute und wissen ihre Interessen zu wahren und auch durchzusetzen.
Wieder unter den Grossen
Nicht auszuschliessen ist darum, dass der Anstoss für einen Schulterschluss der beiden Banken aus Katar kommen könnte. Ein Zusammengehen würde, nach entsprechenden Fitnesskuren, auch durchaus Sinn machen.
Gegenseitige Ergänzungen wären vorhanden: Mit der vereinten Vermögensverwaltung für internationale Privatkunden könnte das neue Konstrukt einen Quantensprung vollziehen und im Investmentbanking als europäische Alternative wieder ins Konzert der Grossen einstimmen.