Der GAM-CEO Alex Friedman stapelt mit seinen Zielen nicht gerade tief: Im Interview mit finews.ch sagt er, wohin er GAM führen will und warum die Integration von Swiss & Global dafür notwendig ist.

Alex Friedman, wohin wollen Sie GAM führen?

Mein Ziel ist es, aus GAM die weltweit führende unabhängige Investmentfirma zu machen. Wir wollen Kunden anziehen, die aktives Anlagemanagement suchen und wir wollen zu den besten Investoren zählen. Einige der dafür notwendigen Bausteine – wie talentierte Fondsmanager und eine stabile Infrastruktur –  sind bereits vorhanden, auf deren Fundament wir weiter aufbauen können.

Die Marke GAM soll für intelligente Anlageexperten stehen – wofür Pimco im beispielsweise Bondbereich steht. Wir wollen der führende Anbieter von Alternativen Anlagen im UCITS-Bereich werden. Und damit meine ich die Performance, nicht unbedingt das Volumen. Wir sind in diesem Markt bereits die Nummer 2.

Einer der ersten nun kommunizierten Schritte ist die Integration von Swiss & Global, womit die Marke verschwindet. Wie wirkt sich dies auf die Angestellten in Zürich aus?

Die Vereinfachung unserer heute doch recht komplizierten Markenstrategie wird die Wirkung unserer Kommunikations- und Marketingmassnahmen erhöhen. Wenn wir nach aussen alle für die gleiche Marke stehen, fühlen wir uns auch automatisch stärker als ein Unternehmen.

Den Weg hin zu einer stärkeren Integration haben wir bereits 2013 eingeschlagen, als wir eine gemeinsame Geschäftsleitung und Support-Funktionen eingeführt haben. Neben der Marke werden wir nun auch Prozesse und Systeme in Operations vereinheitlichen, und die beiden getrennten Bereiche werden unter eine Führung gestellt.


«Das wird ein anspruchsvolles Projekt»


Wie beim letzten Integrationsschritt rechnen wir damit, dass wir unsere jährliche Kostenbasis erneut um 3 bis 5 Prozent reduzieren können. Das wird ein anspruchsvolles Projekt, bei dem es nicht um den Entscheid für oder gegen einzelne Standorte geht, sondern um Lösungen, die für das Unternehmen als Ganzes Sinn machen. 

Der Job von Martin Jufer, Head Operations von Swiss & Global, ist nicht betroffen?

Martin Jufer behält seine Funktion und bleibt im Management Board. Die Zusammensetzung unseres Group Management Board, also unserer Geschäftsleitung, bleibt unverändert.

Und Michele Porro, der bislang den Vertrieb von Swiss & Global leitete?

Auch er bleibt im Group Management Board als Verantwortlicher für die Marktregion Kontinentaleuropa und das ganze Private-Label-Geschäft.

Sie beabsichtigen mit der Integration auch die Stärkung der einen Marke GAM. In der Vergangenheit war diese eher diffus wahrgenommen worden. Verleihen Sie der Marke GAM ein Gesicht, indem Sie sich als Galionsfigur einspannen lassen?

Nein, es wird auf keinen Fall eine Zentralisierung der Anlageexpertise geben. Es wird keinerlei Eingriffe in die Unabhängigkeit der Investmentteams geben. Ich bin hier nicht CIO wie bei der UBS, wo die«house view» aus meinem Team kam. Hier bin ich CEO. Ich werde GAM operativ führen, aber nicht, indem ich unseren Fondsmanagern sage, wie sie investieren sollen.

Ihre Wachstumsinitiativen konzentrieren sich nun auch die USA und auf Asien. Das sind zwei sehr unterschiedliche Märkte mit unterschiedlichen Kundenbedürfnissen.

Das stimmt. Wir wollen in erster Linie gewisse Lücken in unserem Anlageangebot schliessen. Diese liegen im Bereich globale Aktien, Kredit und Distressed Assets, wofür wir uns vor allem in den USA umschauen.


«Wir stellen dort Leute ein, wo wir Talent sehen»


Was Asien betrifft, fehlen uns gewisse Strategien in lokalen Aktien und lokalen alternativen Anlagen. Zudem möchten wir mit unseren Produkten in den USA wie auch in Asien eine bessere Marktdurchdringung erreichen. Die Wachstumsziele liegen also im Produktebereich wie auch im Vertrieb.

GAM soll also einen tieferen globalen Fussabdruck erhalten. Wie wichtig sind die Schweiz und Zürich als Standort?

Sehr wichtig, schliesslich ist hier unser Firmensitz, ein Teil unseres Unternehmens stammt aus einer Schweizer Privatbank, und GAM ist an der SIX Swiss Exchange kotiert. Wir beschäftigen hier 350 Mitarbeiter, davon einen grossen Teil im Fondsmanagement. Aber, wie Sie sich sicherlich erinnern, hat ein anderer Teil unserer Gruppe starke Wurzeln in Grossbritannien. Beides spiegelt sich auch in unserer Struktur und Kultur.

Wie sehen ihre Pläne bezüglich Personal aus in der Schweiz?

Wir stellen dort Personal ein, wo wir das Talent sehen. Hier haben wir kürzlich die Alternative Beta Partners aus Zug übernommen.

Das heisst, Sie wollen vor allem durch Akquisitionen wachsen?

Ja, wir wollen sowohl Teams einstellen und als auch ganze Unternehmen kaufen.

Was sind die Grössenordnungen?

Die Unternehmen, die für uns attraktiv sind, bewegen sich in der Grössenordnung von 2 bis 20 Milliarden Dollar an verwalteten Vermögen. Die Schlüsselfrage ist, ob eine Akquisition strategisch und finanziell Sinn macht. Ist dies der Fall, wären auch grössere Zukäufe jenseits 20 Milliarden Dollar an verwalteten Vermögen möglich. Wir wollen dabei aber sehr diszipliniert vorgehen.

Wie hoch sind ihre für Akquisitionen verfügbaren Mittel?

Das Ziel ist, dass wir auf den Kapitalmärkten unser Investment-Grade-Rating nicht verlieren.

Was heisst das in Zahlen?

Ich werde ihnen keine näheren Angaben dazu machen, aber wenn Sie unser Eigenkapital anschauen, erhalten Sie eine Vorstellung unserer Finanzkraft. (Anmerkung der Red: Es belief sich Ende 2014 auf 541 Millionen Franken). Es ist aber bestimmt nicht unser Ziel, diese Mittel einfach so auszugeben.

Sie wollen mit GAM weiterhin auf das aktive Management von Anlagen setzen, während der Industrietrend zu passiven Anlagen geht und zu tieferen Gebühren.

Schauen Sie: (Er zeichnet eine Achse auf ein Blatt Papier) Hier am einen Ende sind die passiven Produkte, am anderen Ende ist das aktiv gemanagte Absolute-Return-Universum, wo höhere Gebühren verlangt werden. GAM ist zurzeit hier positioniert (Friedman zeigt auf einen Punkt der Achse, der näher beim Absolute-Return-Universum liegt). Wo GAM auf keinen Fall hin soll, ist in Richtung der Mitte dieser Achse.


«Je mehr Geld in ETF, umso besser für GAM»


Denn es sind die Segmente in der Mitte, also die sogenannten «Closet-Indexers», welche Marktanteile verlieren. Das sind Fonds, die zwar sagen, sie seien aktiv, sich aber in ihren Anlagestrategien stark an den Benchmarks orientieren und nur geringfügig davon abweichen.

Das zeigen die globalen Geldflüsse der Fonds. Alternative Anlagen und Absolute Return gehören neben den passiven Anlagen ebenso zu den Wachstumsbereichen. Dort ist GAM bereits positioniert. Wir wollen an Grösse zulegen und dafür das Momentum nutzen.

Wird der Kuchen mit dem markanteren Wachstum der ETF für Sie nicht kleiner?

Ich bin der Meinung: Je mehr Anleger ihr Geld in passive ETF investieren, umso besser ist dies für GAM. Und wollen Sie wissen warum? Mit der aktuellen Geldpolitik werden die Märkte wieder volatiler, das heisst, es gibt bessere Renditechancen für aktive Manager.

Zweitens wird das Anlageuniversum mit der aktuellen Geldpolitik wieder heterogener, was gegen Indexprodukte spricht. Die Investoren werden realisieren, dass sie für zuverlässige Erträge passive Anlagen mit aktiven kombinieren sollten.

Sie sind CEO von GAM, einer deutlich kleineren Organisation als die UBS, wo Sie bis vor einem Jahr CIO waren. Die Abläufe bei GAM sind direkt und «unpolitisch», wie Sie an der Pressekonferenz erwähnt haben. Entspricht Ihnen dies besser?

Zunächst: Ich habe dies nicht im Gegensatz zur UBS gemeint. GAM ist ein Arbeitsort, der flache und dezentrale Strukturen bietet und deswegen attraktiv ist für Investmentteams, die im wechselseitigen Austausch stehen und sich gegenseitig befruchten und motivieren wollen.

Sie haben bei der UBS die sogenannte «house view» eingeführt und als Chief Investment Officer die Leitplanken für alle Anlagen gesetzt. Bei GAM ist das Prinzip genau umgekehrt. Ein Sinnbild für die Unterschiede zwischen der Grossbank und dem mittelgrossen Asset Manager?

Der grosse Unterschied zwischen den beiden Finanzinstituten liegt neben der Grösse darin, dass GAM sich auf ein Geschäftsfeld fokussiert: Wir arbeiten ausschliesslich für andere Investoren.

Wir legen für Andere Geld an, verkaufen diese Leistung in Form von Fonds oder Mandaten, und bieten anderen Profis im Private Labelling noch Zugang zu unserer Infrastruktur. Die UBS hingegen bietet eine Vielzahl von sehr unterschiedlichen Dienstleistungen an, für alle möglichen Kundengruppen.

Sie haben ausserdem die flachen Hierarchien bei GAM hervorgehoben. Funktionieren Sie so besser?

Ich glaube, ein Umfeld mit flachen Hierarchien und direkten Kommunikationswegen bietet Talenten im Investmentbereich weit bessere Möglichkeiten, sich zu entfalten.

Bei der UBS waren Sie rund drei Jahre, bei der Bill & Melinda Gates Stiftung ebenfalls rund drei Jahre. Planen Sie bei GAM, länger zu bleiben?

Ich scheine den Ruf eines wechselfreudigen Angestellten zu haben... Zur Gates-Stiftung kam ich mit einem spezifischen Auftrag. Als der erfüllt war, bin ich in den Privatsektor zurückgekehrt, was immer meine Absicht war.

Bei der UBS habe ich die strategischen Vorgaben und gesetzten Ziele erreicht, sodass es für mich Sinn ergab, eine neue Aufgabe zu suchen. Mit meiner jetzigen bin ich sehr glücklich. Bei GAM werde ich solange bleiben, wie ich Leistung erbringe und der Verwaltungsrat mit mir zufrieden ist.


Der 44-jährige Alex Friedman ist seit vergangenem Herbst CEO von GAM. Der Amerikaner löste David Solo ab. Friedman war zuvor bei der UBS drei Jahre lange als Chief Investment Officer tätig.

Nach seinem Studium an der Elite-Universität Princeton ging Friedman zunächst nach Washington, wo der in der Clinton-Administration arbeitete. Weitere Stationen waren die Wall Street und die Investmentbank Lazard, später dann die Bill & Melinda Gates Stiftung, wo er Finanzchef war.

Friedmans Ziel war es stets, seine Karriere nicht auf einem einzigen Fundament aufzubauen. So betätigte er sich auch als Privatinvestor. 50 Prozent seiner daraus erzielten Gewinne spendete er für philanthropische Zwecke.