Das früher eisern verteidigte Bankgeheimnis scheint definitiv verloren: Die Mehrzahl der Schweizer Top-Banker glaubt, dass der gläserne Bankkunde bald auch im Inland Realität wird. Das jedenfalls legt eine neue Umfrage nahe.
Anfang 2015 ist das Schweizer Bankgeheimnis offenbar sturmreif geschossen: Die Bankbranche, die diesen Diskretionsschutz einst durch dick und dünn verteidigte und bestens vom Schwarzgeld aus dem Ausland lebte, scheint nun definitiv die Segel zu streichen.
Das jedenfalls legt eine neue Umfrage nahe, die das Beratungs- und Revisionsunternehmen Ernst & Young vergangenes Jahr wieder bei rund 120 Top-Bankern in der Schweiz durchgeführt hat.
Gläserne Kunden bald auch in der Schweiz
Das erstaunlichste Resultat des «Bankenbarometers»: Eine Mehrheit der Befragten geht heute davon aus, dass das Schweizer Bankgeheimnis auch im Inland nicht mehr zu halten ist. So rechnen 54 Prozent nicht nur mit einer umfassenden Einführung des Automtischen Informations-Austauschs (AIA) gegenüber dem Ausland – sondern auch damit, dass dieser später auf inländische Bankkunden angewendet wird.
Was die Folge davon sein könnte, dämmert den Bankern erst allmählich: Noch brüsten sie sich, dass der Übergang zur Weissgeldstrategie bisher noch zu keinen bedeutenden Nettoabflüssen von Kundengeldern geführt hat.
Erhebliche Abflüsse erwartet
«Dass die Mehrheit der Banken in der Befragung nur unwesentliche Vermögensabflüsse nennt, überrascht», wundert auch Bruno Patusi, Partner und Leiter Wealth & Asset Management bei Ernst & Young in der Schweiz. Der Transformationsprozess habe allerdings erst begonnen. «Der AIA und andere Initiativen werden erst in den nächsten Jahren voll durchschlagen. Es ist deshalb noch mit erheblichen Abflüssen von Kundengeldern zu rechnen», so Patusi weiter.
Das wiederum dürfte dazu führen, dass noch einige Banken aufgeben werden. In den vergangenen fünf Jahren sind gemäss Ernst & Young in der Schweiz rund 50 Institute verschwunden. Dass die Konsolidierung bald zu Ende sein wird, halten auch die Banken selber für wenig wahrscheinlich: 58 Prozent der befragten Institute erwarten auch für die kommenden Monate eine Beschleunigung des Trends (siehe Grafik oben).
Den grössten Konsolidierungsdruck verspüren dabei – wenig verwunderlich – die Privat- und Auslandsbanken.