Sein Name steht für italienisch inspiriertes Fine Dining in der Zürcher Gastroszene. Im «Clouds», im «Mesa», im ehemaligen «Gustav» in der Europaallee und im Bindella-Lokal «Ornellaia» in unmittelbarer Nähe zur Bahnhofstrasse erkochte er zuverlässig einen Michelin-Stern. Jetzt feiert Antonio Colaianni sein Comeback im eigenen Restaurant. finews.ch hat den bekannten Newcomer besucht.
Der Weggang Antonio Colaiannis aus dem «Ornellaia» hatte eine Lücke hinterlassen. Der in Bern aufgewachsene Sohn von Einwanderern aus Apulien ist seit über zehn Jahren ein Fixstern in der Fine-Dining-Szene der Limmatstadt.
Wo immer es ihn hinzog, folgte ihm mit astronomischer Berechenbarkeit ein Michelin-Stern: zuerst im damals neuen «Clouds» on top of the Prime Tower (2012; gemeinsam mit David Martínez Salvany). Danach von 2012 bis 2015 im Mesa von Linda Mühlemann, der ehemaligen Gattin der früheren Credit-Suisse-Grösse Lukas Mühlemann, später im «Gustav» in der Europaallee (2016 bis 2019) und schliesslich im Bindella-Spitzenlokal «Ornellaia» (bis April 2024).
Kreative Arbeit, beste Rohstoffe
Seine Handschrift als Chef blieb in diesem langen Zyklus gewissen Prinzipien treu: Colaianni arbeitet kreativ, um die besten Eigenschaften seiner ausgesuchten Rohstoffe zur Geltung zu bringen, ohne sie aber in ein Kostüm selbstverliebter High-Tech zu zwängen.
Comeback des Ormalinger Jungschweins: vierter Gang in der «Cucina Colaianni». (Bild: finews.ch)
Dabei bleibt er eigenständig und charakterstark, indem er eine schwer definierbare und doch stimmige Symbiose herstellt aus dezidiert klassischer Haute Cuisine, italienischer Direktheit und Akzenten aus der süditalienischen Heimat.
Fine Dining im Freilager
Mit entsprechender Erwartungshaltung begeben wir uns also in die neue «La Cucina Colaianni», wo Antonio Colaianni seit vergangener Woche das Gourmet-Fach bespielt. In dem Stadtquartier Freilager im Kreis 9 hat sich der Spitzenkoch mit Marco Però zusammengetan, der seit 2021 Regie führt in der dortigen Trattoria Freilager.
Im Sommer kündigten die beiden Gastronomen ihre Allianz an. Auch in dem einfacheren Bereich der Trattoria und Pizzeria soll Colaianni Akzente setzen.
Weltmännische Ästhetik
Unser Besuch am Eröffnungsabend gilt allerdings der Fine-Dining-Abteilung. Die grosszügigen, hohen Räume mit viel Sichtbeton, Leder und Holz strahlen etwas Weltmännisches am Rande von Zürich aus.
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Das Rindstatar, das den Auftakt bildet, kommt im tiefen Glas mit dem Colaianni-typischen Topping aus Eigelb-Creme und Kartoffelschaum daher. Das Gericht lebt von seiner Abwechslung in Sachen Aromatik, Textur und Temperatur: oben die warmen, cremigen Gaumenstreichler; unten das diskret gewürzte Rindstatar; handgeschnitten und in anderen Häusern wohl alleinstehend tragfähig als hervorragende Umsetzung dieses rohen Rindfleisch-Klassikers.
Orechiette von Mamma Colaianni. (Bild: finews.ch)
Gekonnter Widerhaken in der Menüfolge
Es folgt ein perfekt gegartes Heilbuttfilet, das etwas schwimmend einen weiteren «Signature Dish» des Chefs zur Geltung bringt, die Bouillabaisse als Fond. Diese vollmundig-komplexe Fischbrühe verhilft dem Heilbutt als einem der seltensten und teuersten Speisefische zu einem noch aristokratischeren Auftritt.
In der Menüfolge folgt dann ein für die Handschrift des Chefs typischer Widerhaken: Anstatt seine «Orecchiette Fatto a Mano di Mamma Maria» (sie sind wirklich handgemacht von Colaiannis fast 90-jähriger Mutter) der typischen italienischen Speise-Choreographie gehorchend an den Anfang des Menüs zu stellen, treiben sie einen Keil zwischen die Hauptgänge aus Fisch- und den Fleisch.
Comeback des Ormalinger Jungschweins
Die «Orecchiette» aus Pasta, Hackfleischbällchen und Tomaten-Sugo drängen sich in ihrer provokanten Einfachheit zwischen den noblen Fisch und den Evergreen Colaiannis, den er schon vor seinen Stadtzürcher Zeiten kultiviert hat: das Ormalinger Jungschwein!
Filet, Bauch und auch die Kopfbacke führen dem Gast drei überzeugende Gründe vor Augen, warum dieses aromatische Tier im recht zarten Alter sterben musste.
Für einen gelungenen, frischen Abschluss des aktuellen Menüs in der «Cucina Collaiani» sorgt eine Komposition von der Amalfi-Zitrone aus Kompott, Gel, Zitronencrème, Joghurtschaum und Meringuechips.
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Zum Debüt in seiner neuen Wirkungsstätte überlässt der Meister also nichts dem Zufall: Er setzt auf die Klassiker, für die ihn das Gourmet-Publikum seit Jahren liebt.
«Signature Dish»: Schaumkrone aus Eigelb und Kartoffel; darunter Rindstatar. (Bild: finews.ch)
Nächste Raketenzündung im Januar
Zwei Monate Eingewöhnungszeit gibt der Sternekoch sich und seinem Team. «Bis Ende Dezember werden wir auf der Basis meiner bekannten Kreationen zusammenwachsen». Dann will er die nächsten kulinarischen Raketen zünden.
Und dann wird, nach allen Gesetzen der astronomischen Wissenschaft, ein neuer Stern geboren.
In «La Cucina Colaianni» serviert Spitzenkoch Antonio Colaianni jeweils von Donnerstag- bis Samstagabend um 20 Uhr ein n. Für Gruppen und Events öffnet er ausnahmsweise auch ausserhalb dieser Zeiten. Die Küche der etwas einfacheren «La Trattoria» ist montags bis freitags von 11.30 bis 14.00 Uhr und von 18.00 bis 21.30 Uhr geöffnet (Samstag: 18.00 bis 21.30 Uhr).