Die Credit Suisse macht mit einem High-Frequency-Trader heimlich gemeinsame Sache. Der Zweck: Hochfrequenzhandel mit Fixed-Income-Produkten. Eigentlich wollte die Bank dieses Geschäft herunterfahren.
Das Joint-Venture heisst «Wake» und seine Adresse ist bekannt: 11 Madison Avenue in New York. Dort befindet sich auch der Sitz der Credit Suisse (CS) in den USA.
Teilhaber an der im April 2013 zugelassenen Gesellschaft sind die Credit Suisse und der Hochfrequenzhändler Tower Research Capital. Auch der Chef von Wake ist aufgrund der Zulassungsdokumente der Financial Regulation Authority bekannt: Ryan Sheftel, Global Head of eCommerce Fixed Income bei der CS. Hinter Tower Research Capital steht ein ehemaliger CS-Mann: Der Händler Mark Gorton.
Nur eingeweihte Kreise wussten bislang, dass das Unternehmen überhaupt existierte. Im Geschäftsbericht der CS ist es nicht aufgeführt. Den Zweck der Gesellschaft erklärte Marc Vesecky, Risikochef der Hochfrequenz-Händlers dem Fachmagazin «Risk» (Artikel bezahlpflichtig): Es geht um den Handel mit Zins- und anderen Produkten aus dem Fixed-Income-Bereich.
Aus Industriesicht eine kreative Lösung
In dieser CS-Unternehmung liegt einiges an Brisanz. Die Bank hat sich bislang zu Wake nicht geäussert. Doch augenscheinlich hat die CS entgegen ihrer geäusserten Absicht, den Handel mit Fixed-Income-Produkten herunterzufahren, ihn in einer kreativen Variante neu lanciert. Und dies in einer bislang geheimen Tochtergesellschaft mit einem High-Frequency-Trader als Partner.
Wake ist eine in mancherlei Hinsicht innovative Lösung, die auch die Konkurrenz interessieren dürfte. Zunächst ist die CS dadurch weiterhin fähig, ihren Kunden die gesamte Palette im Fixed-Income-Handel anzubieten.
Ein Hochfrequenzhändler als Partner macht Sinn, weil dieser die Technologie liefert, um dieses dünnmargige Geschäft rentieren zu lassen. Und weil Wake nicht als Bank registriert ist, fallen keine regulatorischen Kapitalanforderungen an, was die Renditechancen erheblich verbessert.
Keine Belastung des Eigenkapitals, aber dennoch Voll-Investmentbank
Die Eleganz dabei: Ihren Kunden kann die CS den Voll-Service einer Investmentbank bieten. Den Investoren aber kann die CS die Story einer risikoärmeren Bank verkaufen, welche ihr Eigenkapital nicht mit riskanten Geschäften im Investmentbanking belastet.
Aus bilanzieller Sicht eine saubere Lösung: Mögliche Kapitalengpässe oder Verluste schlagen nicht auf die Bilanz der CS durch, sondern belasten nur das Eigenkapital der Wake-Holding.
Eine grosse Frage lautet allerdings: Woher stammt das für den Handel eingesetzte Kapital, wenn nicht von der CS? In Marktkreisen wird darüber spekuliert, die CS habe private Investoren aus dem gehobenen Kundensegment für Wake gewinnen können.
Stimmt das, hätte die CS für den kapitalintensiven Handel mit Fixed-Income-Produkten ein neues und sehr rentables Geschäftsmodell gefunden, welches für die Bank selber nicht kapitalintensiv und somit auch nicht besonders riskant ist. Experten schätzen die möglichen Renditen hingegen auf bis zu 20 Prozent.
Was an Wake zudem auffällt: Mit Frederic Dassori, Louise Guarneri und Paul O' Keefe sind auch CS-Mitarbeiter am Joint-Venture beteiligt, wie aus den Finra-Dokumenten hervorgeht.
Die CS nahm zu Fragen von finews.ch bislang keine Stellung.
Brady Dougan hatte Andeutungen gemacht
Die CS hat ihre Wake-Tochtergesellschaft nie öffentlich gemacht. Ihre Gründung erfolgte just zu dem Zeitpunkt im ersten Quartal 2013, als die CS begann im Fixed-Income-Bereich Stellen abzubauen. Anlässlich der Präsentation der Zahlen zum dritten Quartal 2013 hatte die Bank dann angekündigt, das Zinsen-Geschäft zu reduzieren; dieses ist auf Regierungs-Anleihen, Zins-Swaps und Optionen fokussiert.
Im Nachsatz bemerkte CEO Brady Dougan allerdings auch, das verbleibende Geschäft werde sich auf den hochvolumigen elektronischen Handel konzentrieren. Was er vermutlich damit gemeint hat: Wake. Dass dieses Geschäft nun ausserbilanziell in einer Art Schattebank stattfindet, sagte Dougan dagegen nicht.