Markante Veränderungen bei den Grossbanken haben immer auch eine Signalwirkung für den ganzen Finanzplatz, wie ein Blick in die Vergangenheit zeigt. 10 Prognosen.
1. Grossbanken liefern die Blaupause
Als die CS Holding 1997 zur Credit Suisse Group mutierte und die vier Divisionen Credit Suisse, Private Banking, First Boston und Asset Management ins Leben rief, folgte Ende des gleichen Jahres die Ankündigung der Fusion zwischen der Bankgesellschaft und dem Bankverein zur heutigen UBS.
Das war das Fundament, auf dem die beiden Institute in der Folge während gut 15 Jahren funktionierten und dem Anspruch globaler Universalbanken gerecht wurden.
Unter diesen Prämissen läuten die jüngsten Ankündigungen der beiden Schweizer Geldinstitute zweifellos eine neue Ära ein. Die Aufspaltungspläne sind die Blaupause für das Bankwesen von morgen. Doch was sind die Folgen?
2. Konsolidierung wird beschleunigt
Mit eigenständigen Tochtergesellschaften für die Schweiz dürften die Grossbanken noch selbstbewusster und stärker am Markt auftreten, zumal der Ehrgeiz definitiv da ist, mit dieser neuen Struktur Erfolg zu haben.
Dadurch wird sich hierzulande der Wettbewerb verschärfen und die bislang eher zaghaft verlaufene Konsolidierung massiv beschleunigen. Kleinere Institute und Vermögensverwalter werden nun rasch aus dem Rennen geworfen – der Arbeitsplatz-Abbau wird sich akzentuieren.
3. Personelle Rochaden an der Spitze
Das Bekenntnis zum Schweizer Markt dürfte einige personelle Rochaden auf den jeweiligen Chefetagen auslösen – vieles deutet darauf hin, dass mit den neuen Strukturen beide Grossbanken wieder verstärkt Schweizer bis hinauf in die Konzernleitung portieren werden.
Allerdings droht gleichzeitig das Risiko, dass die angelsächsischen Einheiten (wieder) zunehmend ein Eigenleben entwickeln. Hier besteht eine erhebliche Gefahr.
4. Neue «Rising Stars» kommen
Bei der UBS zielt die Reorganisation darauf ab, das Wealth Management – als Königsdisziplin – weiter zu verstärken. Zudem setzt die Bank alles daran, künftig ihre Erträge mit ihren Beratungsdienstleistungen (UBS Advice) zu generieren, anstatt über Gebühren für Wertschriftentransaktionen.
Das ist neu und dürfte zum Industriestandard werden, zumal auch diverse unabhängige Vermögensverwalter diesen Weg gehen. Unter diesen Prämissen lassen sich UBS-Wealth-Management-Chef Jürg Zeltner und sein Schweizer Divisionschef Chris Wiesendanger als «Rising Stars» bei der UBS ausmachen.
Vorausgesetzt, dass die Credit Suisse einen ähnlichen Weg geht und ihr Investmentbanking noch etwas eindämmt, können die beiden Private-Banking-&-Wealth-Management-Chefs Robert Shafir und Hans-Ulrich Meister ihre Position stärken. Allerdings wird es interessant sein, wer innerhalb der Schweizer Tochterfirma die Verantwortung übernimmt und wie weit sie unabhängig agieren kann.
Das wiederum dürfte von den personellen Veränderungen im CS-Verwaltungsrat abhängen, denn dort kommt es im nächsten Jahr zu einem Generationenwechsel, wenn die Urgesteine Peter Brabeck und Walter Kielholz abtreten. Prognose: Spätestens in einem Jahr wird die Konzernspitze um einiges anders aussehen.
5. Gefährliche Lohnunterschiede
Bisher wenig kommentiert wurde die Lohnfrage. Es ist anzunehmen, dass die Saläre in den künftigen Schweiz-Einheiten massvoll sein werden – wie aber wird sich das Gehaltsniveau in den angelsächsischen Tochterfirmen entwickeln? Hier droht ein Interessenskonflikt, der alte Wunden zwischen den Schweizer Angestellten und den angelsächsischen Bankern wieder aufreissen könnte.
6. Gut für den Aktienkurs
Die Neudefinition des Schweizer Geschäfts dürfte – sofern es die Banken marketingmässig geschickt anstellen – die Swissness verstärken – was im Ausland durchaus Signalwirkung hat. Neues Vertrauen in die Schweizer (Gross-)Banken wirkt sich zwangsläufig auch positiv auf den Aktienkurs aus, der aktuell sicherlich noch nicht da ist, wo er sein könnte.
7. Globale Universalbank: Ein Abschied in Raten
Wenn UBS und CS ihr Geschäft in diversen Bereichen weiter schrumpfen und sich in anderen Feldern (etwa in der Vermögensverwaltung für Ultra-High-Net-Worth-Kunden) profilieren, dann verlieren sie ihre Rolle als global tätige Universalbanken.
Mit anderen Worten: Was in der jüngeren Vergangenheit ein erklärtes Ziel war, nämlich (möglichst) alles (möglichst) überall auf der Welt anzubieten, gilt nicht länger. Universalbanken sind die beiden Institute bloss noch in ihrem Heimmarkt.
8. Grossbanken werden sicherer
Die Reorganisation der Grossbanken ist eine Folge der Exzesse vor der Finanzkrise. Die neue Gliederung von UBS und CS dürfte – zumindest das, was das Schweizer Geschäft umfasst – die beiden Banken sicherer machen respektive ihre Eigenmitteldecke verstärken. Damit wäre zumindest dieses Ziel der Behörden erreicht und wohl erst noch schneller als man es gemeinhin für möglich gehalten hat.
9. Alternativen zum Bankgeheimnis
Die Neuausrichtung von UBS und CS steht auch im Zusammenhang mit dem Ende des Bankgeheimnisses, wie wir es gekannt haben. Der Fokus auf den Standort Schweiz und den entsprechenden Buchungsplattformen ist ein gutes Signal, um der ausländischen Klientel klar zu machen, dass es – offensichtlich noch andere Gründe gibt – sein Geld in die Schweiz zu bringen, als nur das Bankgeheimnis als probates Werkzeug zur Steuerhinterziehung.
10. Anpassungsfähigkeit hat Vorbildcharakter
Die jüngsten Ankündigungen in der Schweizer Bankenszene beweisen einmal mehr die hohe Anpassungsfähigkeit der Schweizer Finanzinstitute – eine Fähigkeit, die sich über viele Jahrzehnte immer wieder manifestiert hat und zweifelsohne ein Merkmal des Schweizer Bankwesens ist. Es darf nicht überraschen, wenn über kurz oder lang auch ausländische Institute sich ähnlich neu orientieren.