Die Prämien für die obligatorische Krankenkasse wiegen schwer in vielen Familienbudgets. Das Fintech-Startup Aletta will den Markt mit einem Cashback-Konzept aufmischen, indem es einen Teil der Vermittlerprovisionen an die Kunden rückvergütet. Und dies nicht nur bei der Krankenversicherung und nicht nur in der Schweiz.
Aus der Vermögensverwaltung kennt man die Diskussion um Provisionen respektive Retrozessionen seit mindestens 20 Jahren. 2012 entschied das Bundesgericht, dass Retrozessionen grundsätzlich dem Kunden gehören und diesem rückvergütetet werden müssen (finews.ch berichtete letztmals vor vier Jahren über das Thema).
In etwas abgewandelter Form stellt sich die Provisions-Frage in der Versicherungsvermittlung. Broker, die ausschliesslich auf Provisionsbasis arbeiten, sind hier seit jeher ein integraler Bestandteil des Marktes.
Volumen von rund 1,25 Milliarden Franken
Da von Gesetzes wegen jeder Einwohner der Schweiz eine Krankenversicherung braucht – und die Krankenkassenprämien sich in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt haben, mit einem besonders starken Anstieg von durchschnittlich sechs Prozent im kommenden Jahr 2025 –, handelt es sich um einen gigantischen Markt.
Das Provisionsvolumen bei der Krankenkasse (KVG und Zusatzversicherungen) wird auf rund 1,25 Milliarden Franken geschätzt.
Wildwuchs beim Direktmarketing
Zumindest was die obligatorische Krankenversicherung (KVG) anbelangt, haben diese Vermittlerprovisionen zu teilweise abenteuerlichen Zuständen geführt mit einem Wildwuchs an telefonischem Direktmarketing.
Kürzlich hat der Bundesrat eingegriffen, indem er die sogenannte Branchenvereinbarung für sämtliche Krankenkassen für allgemeinverbindlich erklärt hat, mit der sich die Krankenkassen auf gemeinsame Standards in der Versicherungsvermittlung verpflichten.
Neue Regeln vom Bundesrat
Das unerbetene telefonische Direktmarketing wird damit branchenweit verboten. Und auch die Vermittlerprovisionen werden begrenzt. Im Bereich der obligatorischen Krankenkasse dürfen sie nur noch erfolgsabhängig, sprich bei einem tatsächlichen Abschluss, ausgerichtet werden und sind quantitativ auf 70 Franken pro Versichertem begrenzt. finews.ch erörterte diese Frage vor einigen Wochen anhand der Problematik von Comparis.
Diese Marktgegebenheiten schaffen Raum für neue Anbieter.
Alletta ante portas
Nicht weniger als ein «booking.com» für Versicherungsdienstleistungen möchte zum Beispiel das Schweizer Start-up Alletta werden. Es handelt sich um eine gemeinschaftliche Gründung von Bernard Duzhmani, der bereits verschiedene Firmen im Bereich der Versicherungsvermittlung gegründet und zum Erfolg geführt hat, sowie Jürg Stupp, der auf eine lange Management-Karriere bei Krankenkassen zurückblickt und Mitglied der Geschäftsleitung von Helsana war.
Seit dem 9.8.2023 ist Alletta als Versicherungsvermittler bei der Finanzmarktaufsicht Finma registriert. Das Unternehmen hat Verträge mit den wichtigsten Krankenkassen der Schweiz wie Assura, CSS, Groupe Mutuel, Helsana, KPT, Swica, Sympany und Visana sowie neuerdings auch Atupri und Sanitas.
Digitale Effizienz
Das Grundrezept lautet so: Maximale Kosteneffizienz durch einen rein digitalen Beratungsprozess und den Verzicht auf teure Büros. Diese schlanke Aufstellung erlaubt es dem Unternehmen, den Kunden einen Teil der Vermittlerprovisionen als Cashback zurückzuerstatten. Das Cashback-Angebot erstreckt sich auch auf die Weiterempfehlung an Personen im Bekanntenkreis und auf B2B-Lösungen für Unternehmen, Vereine, Clubs und andere Vermittler (über ein spezielles B2B-Partnerportal).
Der Abschluss findet rein digital statt, also ohne einen einzigen postalischen Brief.
Auch Zusatzversicherungen abgedeckt
Die rein digitale Aufstellung, das Cashback und die gleichzeitige Orientierung auf den B2C- und auf den B2B-Markt unterscheiden Alletta von Mitbewerbern.
Als Vorteile seiner digitalen Plattform sieht Alletta, dass erstmals auch die Zusatzversicherungen in ihren einzelnen Leistungen eins zu eins vergleichbar sind. Das Kundenerlebnis wird unterstützt durch document AI, TextToSpeech, SpeechToText und Avatare sowie die Integration von zehn Sprachen.
Expansionspläne
Erweiterungsmöglichkeiten seines Geschäftsmodells sieht Alletta in der Erschliessung weiterer Versicherungsmärkte. Im letzten Jahr hat das Unternehmen in Zusammenarbeit mit der Coop Rechtsschutzversicherung auch diesen Bereich erschlossen und sucht nach weiteren Partnern.
Auch eine Expansion ins Ausland, namentlich nach Deutschland, ist laut den beiden Gründern auf der Agenda.