Ein Londoner Gericht sprach einer Kaderfrau des Vermögensverwalters eine hohe Entschädigung zu. Sie war erst sexuell belästigt, dann gefeuert worden.
Keine leichte Zeit für Notz, Stucki & Cie: Gestern gab der Genfer Vermögensverwalter bekannt, dass er den Madoff-Opfern in ihrer Kundschaft Schadenersatz leistet. Klienten, die dem Unternehmen Verwaltungsvollmacht gaben, sollen entschädigt werden – die Summe dürfte sich gegen 120 Millionen Franken belaufen.
Fast zeitgleich beschloss ein Gericht in London, dass Notz Stucki einer ehemaligen Angestellten rund 110'000 Franken bezahlen muss. Die 36jährige Kaderfrau, Nadine Nassar, war im Frühjahr 2008 entlassen worden, nachdem sie – so das Gericht – offenbar sexuelle Belästigungen des Londoner Notz-Stucki-CEO Guy Oppenheim zurückgewiesen hatte.
Erst Kate Winslet, dann gefeuert
Das Arbeitsgericht in London wies die Vorwürfe der sexuellen Belästigung zwar zurück, aber dies lediglich aus formaljuristischen Gründen: Nassar hatte zu spät geklagt. Den Sachverhalt stufte das Gremium als sexuelle Belästigung ein. So hatte Oppenheim die Angestellte mit sehr privaten SMS, Mails und nächtlichen Telefonanrufen bedrängt, wobei er sie mit Kate Winslet verglich oder ihr auf französisch mitteilte «Je t'embrasse».
Solche Inhalte mögen sich für ein mitteleuropäisches Empfinden noch in Grenzen halten, das Gericht befand aber in seiner trockenen Art: «We did not accept that these were purely for business purposes.»
Zum Verhängnis wurde für Notz Stucki, dass Nassar nur einen Monat, nachdem sie eine formale Klage vorgebracht hatte, von Oppenheim auf die Strasse gestellt wurde. Das Gericht beurteilte dies eindeutig als ungerechtfertigte Entlassung und sprach eine Entschädigungszahlung von 64'320 Pfund aus – ziemlich genau die Hälfte dessen, was Nassar bei Notz Stucki als Jahres-Basislohn verdient hatte.
Die Notz-Stucki-Gruppe hat neben Genf und Zürich auch Niederlassungen in London, Luxemburg, Singapur, auf den Bermudas und in Montreal. Das Unternehmen verwaltet derzeit rund 10 Milliarden Franken.