Ein Aktienfondsmanager muss naturgemäss bullish für seinen Markt sein. Doch für Indien spricht gleich ein ganzes Bündel von Argumenten. Die Wahrnehmung, was sichere Anlagen sind, könnte sich ändern, und für die multipolare Welt von morgen ist der Subkontinent gut positioniert. Zudem ermöglicht es der Vermögenseffekt immer mehr Indern, Geld anzulegen. Ein Gespräch über ein Land, das auf dem Weg zu einer Volkswirtschaft mit mittleren Einkommen ist.

Was sind eigentlich sichere Anlagen? Schon seit vielen Jahrzehnten unverändert lautet die Antwort, welche die überwiegende Mehrheit der Investoren weltweit darauf gibt: US-Staatspapiere. Das wird sich ändern, auch wenn nicht von heute auf morgen, ist Debashish Bose, Fondsmanager für indische Aktien bei Oaks Asset Management, überzeugt, wie er in einem Gespräch mit finews.ch deutlich machte.

Verantwortlich dafür sind strukturelle Faktoren – und nicht etwa die Wahl Donalds Trumps. «Risikoaversion bedeutet bisher, das US-Bonds gekauft und Aktien verkauft werden, auch weil der Dollar die internationale Leitwährung und die Weltreservewährung ist», argumentiert Bose. Aber nach den Sanktionen gegen Russland und dem Einfrieren von im Ausland gehaltenen Reserven der Notenbank fragten sich alle Zentralbanken, ob sie wirklich weiterhin einen Grossteil ihrer Assets in Dollar halten wollten.

 Fiskal- und Geopolitik lösen Geldpolitik ab

«Wir bewegen uns von einer Welt, in der die Geldpolitik den Ton angegeben hat, zu einer Welt, in der die Fiskalpolitik und geopolitische Überlegungen dominieren. Diversifikation und die Sicherung von Lieferketten werden wichtiger, Rohstoffe gewinnen an Bedeutung. Reserve Asset werden künftig vermehrt in die Realwirtschaft investiert», erwartet Bose, auch weil er angesichts der hohen Verschuldung vieler Industrieländer eine Phase von Financial Repression (negative Realzinsen, also ein Nominalzins der tiefer ist als die Inflationsrate) für wahrscheinlich hält.

Der Aktienfondsmanager, der selber zwischen Mumbai und Delhi pendelt, leitet damit natürlich auch Wasser auf die eigenen Mühlen bzw. wirbt so für seinen Heimmarkt. Er ist aber auch um weitere Argumente nicht verlegen. «Indien ist auf dem Weg von einem Land mit überwiegend tiefen zu einem Land mit mittleren Einkommen.»

«Indien ist eine Welt für sich»

Dank dem Vermögenseffekt würden auch immer mehr Inder in den eigenen Aktienmarkt, der heute schon eine Kapitalisierung von rund 6 Billionen Dollar auf die Waage bringt, investieren, und inländische Pensionskassen und Versicherungen würden sich vor diesem Hintergrund ebenfalls immer mehr engagieren. Und die Kapitalverkehrskontrollen sorgten dafür, dass nur wenig indisches Geld ins Ausland fliessen könne.

Dazu kommt die Nachfrage aus dem Ausland, die ebenfalls steigt. Denn das Gewicht Indiens in den massgebenden Aktienindizes von MSCI ist im September deutlich erhöht worden, was den Markt ebenfalls stützt. «Eigentlich braucht es das Ausland – zumindest aktuell – gar nicht», kokettiert Bose, der Indien «als eine Welt für sich» bezeichnet.