Es ist fast ein Klon des unlängst unterschriebenen Vertrags mit Deutschland: Die Schweiz bereinigt mit der Regierung in London die Steuer-Altlasten.

Die Spatzen pfiffen es seit rund zwei Wochen von den Dächern: Neben Deutschland ist auch Grossbritannien bereit, ein neues Steuerabkommen mit der Schweiz zu akzeptieren – und dabei die Abgeltungssteuer anzuerkennen.

Am Mittwoch Abend gaben die Finanzministerien in London und Bern bekannt, dass ein entsprechendes Abkommen paraphiert wurde. Es sieht vor, dass Personen mit Wohnsitz im Vereinigten Königreich ihre Bankbeziehungen in der Schweiz nachbesteuern können, indem sie entweder eine einmalige Steuerzahlung leisten oder ihre Konten offenlegen.

8 Milliarden für den Schatzkanzler

Kapitalgewinne britischer Bankkunden in der Schweiz unterliegen künftig einer Abgeltungssteuer, deren Erlös die Schweiz an die britischen Behörden überweist. Zudem wird der gegenseitige Marktzutritt für Finanzdienstleister verbessert – auch dies eine Parallele zum Vertrag mit Deutschland.

Das Abkommen könnte Anfang 2013 in Kraft treten. Dadurch könnten, wie die «Financial Times» errechnet hat, in einer ersten Schwemme rund 8 Milliarden Franken in die Kassen des Königsreichs fliessen. Die Garantieleistung der Schweizer Banken beträgt 500 Millionen Franken.

Eine Formulierung, die dem Communiqué zum Vertrag mit Deutschland ebenfalls ähnelt, verweist auch auf die Diskretion: «Beide Seiten sind einverstanden, dass das vereinbarte System in seiner Wirkung dem automatischen Informationsaustausch im Bereich der Kapitaleinkünfte dauerhaft gleichkommt.»

Keine Fishing-Expeditions

Identisch zum Vertrag mit Deutschland sind auch die Steuersätze für die Regularisierung der Vergangenheit. Unterschiede betreffen insbesondere die Höhe der Steuersätze auf künftigen Erträgen und verfahrensrechtliche Eigenheiten. Der Unterschied beim Vorauszahlungsbetrag der Banken erklärt sich durch die unterschiedliche Grössenordnung des Geschäftsvolumens.

Das Abkommen umfasst en detail folgende Punkte:

  • Abgeltungssteuer für die Zukunft: Künftige Kapitalerträge und -gewinne sollen unmittelbar über eine Abgeltungssteuer erfasst werden. Der vereinbarte Steuersatz beträgt je nach Kategorie der Kapitaleinkünfte zwischen 27 und 48 Prozent. Die Steuersätze liegen leicht unter den regulären britischen Grenzsteuersätzen.
  • Die britischen Behörden können Auskunftsgesuche stellen, die den Namen des Kunden, jedoch nicht zwingend den Namen der Bank enthalten müssen. Die Gesuche sind zahlenmässig beschränkt und bedürfen eines plausiblen Anlasses. Die Anzahl dürften maximal 500 Gesuche pro Jahr betragen. 
  • Vergangenheitsbesteuerung: Zur Nachbesteuerung bestehender Bankbeziehungen in der Schweiz soll Personen mit Wohnsitz im Vereinigten Königreich einmalig die Möglichkeit gewährt werden, anonym eine pauschal bemessene Steuer zu entrichten. Die Höhe dieser Steuerbelastung liegt zwischen 19 und 34 Prozent des Vermögensbestandes. Die Betroffenen erhalten zudem die Möglichkeit, stattdessen ihre Bankbeziehung in der Schweiz gegenüber den britischen Behörden offenzulegen.

Die Schweiz und das Vereinigte Königreich haben weiter beschlossen, den gegenseitigen Marktzutritt für Finanzinstitute zu erleichtern. Zum Paket gehört auch die Lösung der Problematik einer möglichen Strafverfolgung von Bankmitarbeitern.

Um einerseits ein Mindestaufkommen bei der Vergangenheitsbesteuerung zu sichern und anderseits den Willen zur Umsetzung des Abkommens zu bekunden, haben sich die Schweizer Banken zu einer Garantieleistung in der Höhe von 500 Millionen Franken verpflichtet.