Die Finanzmarktaufsicht hat die Anforderungen an die Offenlegung von Klimarisiken für grosse Finanzinstitute überprüft. Sie sieht von einer weiteren Verschärfung ab, macht aber zugleich klar, dass das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht sein dürfte. Zudem verlegt sie den Schwerpunkt auf das Risikomanagement.

Seit dem Jahr 2021 müssen grosse Banken und Versicherungen (Aufsichtskategorie 1 und 2) Anforderungen an die Offenlegung von klimabezogenen Finanzrisiken erfüllen. Nachdem damit einige Erfahrungen gesammelt werden konnten, hat die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) jetzt eine Überprüfung vorgenommen, wie sie am Donnerstag mitgeteilt hat. Überraschendes Ergebnis: Die Finma verzichtet auf Anpassungen – aber nur vorerst.

In ihrem Ex-post-Evaluationsbericht kommt die Behörde zum Schluss, dass sich die (in bester Schweizer Tradition stehende) prinzipienbasierte Regulierung bewährt habe und die ursprüngliche Zielsetzung erreicht worden sei. Sie stützt sich dabei nicht nur auf das eigene Urteil (interne Evaluation) ab, sondern auch auf 15 Stellungnahmen aus dem Banken- und Versicherungssektor, von anderen Ämtern und Verbänden inklusive nichtstaatliche Organisationen (externe Evaluation).

Abwarten, was auf internationaler Ebene läuft

Die Finma macht aber zugleich auch klar, dass die heute gültigen Vorschriften im Bereich Klimarisiken für die Finanzinstitute nicht das Ende der Fahnenstange bedeuten. Es werde nämlich «momentan auch angesichts der fortlaufenden Entwicklungen im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung auf nationaler und internationaler Ebene» von einer Revision abgesehen. Man wolle die im Gang befindlichen Arbeiten der internationalen Standardsetzer im Banken- und Versicherungsbereich abwarten, um sie bei einer späteren Anpassung der Anforderungen berücksichtigen zu können.

Die Finma reagiert auch darauf,  dass die Transparenz zu Nachhaltigkeitsrisiken zunehmend von internationalen Standardsetzern (wie der inzwischen aufgelösten Task Force on Climate Related Disclosure des Financial Stability Board) und auch vom nationalen Gesetzes- und Verordnungsgeber (ein Beispiel dafür ist die Anfang Jahr in Kraft getretene Vollzugsverordnung zur Klimaberichterstattung für grosse Schweizer Unternehmen des Bundesrates) geregelt werden.

Risikomanagement, nicht Transparenz im Fokus der Finma

Deshalb verlegt die Aufsichtsbehörde ihren Schwerpunkt im Bereich der Klima- und weiteren Naturrisiken zunehmend auf die interne Governance und die Risikomanagementprozesse der Institute. Sie stellt in diesem Zusammenhang in Aussicht, dass sie ihre Aufsichtspraxis zum Management solcher Risiken in dem neuen Rundschreiben «Naturbezogene Finanzrisiken» konkretisieren wird. Die Anhörung zum Rundschreiben ist Ende März abgeschlossen worden, die Inkraftsetzung ist per Anfang 2025 geplant.

Die Finma nutzt aber die Gelegenheit auch dazu, den grossen Finanzinstituten schon heute den Tarif durchzugeben. Sie erwartet generell, dass deren öffentliche Berichterstattung konsistent ist mit den internen Risikoeinschätzungen und -prozessen. Und sie empfiehlt «den Instituten sämtlicher Aufsichtskategorien, frühzeitig die für sie relevanten Entwicklungen bei der Nachhaltigkeitsberichtserstattung zu verfolgen» und sich proaktiv namentlich mit der bundesrätlichen Vernehmlassungsvorlage zur nachhaltigen Unternehmensführung (Anpassungen des Obligationenrechts) auseinanderzusetzen.

Zurückhaltung wie beim Green Washing

Die umsichtige, sich aber sämtliche Optionen offenhaltende Position der Finma zu Klimarisiken erinnert an den jüngsten Entscheid des Bundesrats, bei der Greenwashing-Problematik (Anbieter, die ihren Kunden Finanzprodukte und -Dienstleistungen mit  Nachhaltigkeitsversprechen anpreisen, die nicht eingehalten werden können) vorerst von staatlichen Eingriffen abzusehen, stattdessen auf die Selbstregulierung der Branche zu setzen und im übrigen die Regulierung in der EU abzuwarten.

Auch wenn es in Anbetracht der internationalen Entwicklung wohl nur eine Frage der Zeit ist, bis neue staatliche Regeln zur Offenlegung von Klimarisiken und zum Greenwashing auch in der Schweiz erlassen werden, ist die Zurückhaltung, die sich Bundesrat und Finma jüngst auf diesem Gebiet auferlegen, zu begrüssen. Denn dass die entsprechenden Standards und Normen für den Finanzsektor auf internationaler und europäischer Ebene ständig nur dichter und schärfer werden, entspricht zwar der Erfahrung der letzten Jahre, ist aber kein Naturgesetz.