Muss die Nachfolge von Thomas Jordan als Präsident der SNB wieder mit der Besetzung durch eine Einzelperson geregelt werden, oder könnte die kollegiale Arbeitsteilung im Direktorium der Nationalbank durch ein Rotations-Modell gestärkt werden?
Nachdem Thomas Jordan im vergangenen Monat seinen Rücktritt als Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB) angekündigt hat, laufen die Spekulationen über seine Nachfolge auf Hochtouren. Als Favorit wird dabei sein bisheriger Vize Martin Schlegel gehandelt.
Doch jetzt bringt Yvan Lengwiler, Wirtschaftsprofessor an der Universität Basel und Vorsitzender des SNB-Observatoriums, eine ganz andere Idee ein. «Die SNB könnte in Erwägung ziehen, die Rolle des Präsidenten auf einer rotierenden Basis zu verteilen», sagte er gegenüber der Nachrichtenagentur «Reuters». «Der Präsident ist nur der primus inter pares, er sollte nicht alle Entscheidungen treffen. Das würde mehr Gleichheit in den Entscheidungsprozess der SNB bringen», sagte Lengwiler.
Dabei zog er eine Parallele zur Präsidentschaft der Schweiz, die jeweils im Jahresturnus durch eine andere Person aus dem Bundesrat besetzt wird.
Neben Jordan und Schlegel gehört dem Leitungsgremium der SNB das neue Mitglied Antoine Martin an, der von der Federal Reserve Bank of New York kam.
Zu mächtig geworden
Auch Stefan Gerlach, Chefökonom der EFG Bank und ebenfalls Mitglied der SNB-Beobachtungsstelle, vertritt die Meinung, dass Thomas Jordan die dominierende Stimme der SNB geworden ist. «Ich habe den Eindruck, dass Thomas Jordan zu mächtig geworden ist, und zwar stärker, als es die Gesetzgebung vorsieht», sagte er. «In früheren Jahren war es eher eine kollektive Entscheidung, so dass es weniger wichtig war, wer der Präsident ist.»
Die Beobachtungsstelle hat in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht gefordert, dass die SNB eine breit angelegte Suche nach einem neuen Mitglied für das Direktorium durchführen sollte. Es sei nicht üblich, dass die oberste Position der Notenbank intern besetzt wird. Dadurch werde sichergestellt, dass sich die Ansichten und Prioritäten der Gesellschaft insgesamt in der Entscheidungsfindung widerspiegeln.