Die Position des US-Dollar als Weltleitwährung hat sich in den vergangenen Jahrzehnten abgeschwächt. In einer neuen Studie beleuchtet das Research der Credit Suisse die Probleme der aktuellen Konstellation und mögliche kommende Veränderungen.
Die jüngsten wirtschaftlichen und geopolitischen Krisen haben einmal mehr die Nachteile einer Weltwirtschaft vor Augen geführt, die auf eine einzelne Währung als dominierende Leitwährung ausgerichtet ist. In vielen Ländern der Welt hat die Vorherrschaft des US-Dollar als weltweite Handels- und Reservewährung die Probleme eher verstärkt als gemindert.
Insbesondere mit den steigenden Energiepreisen und der Wende in den USA zu einer restriktiveren Geldpolitik hat dies in weiten Teilen Asiens, Afrikas und Südamerikas zu einer weiteren Verarmung grosser Bevölkerungsgruppen geführt. Auch in den westlichen Ländern hat die Kombination aus starkem Dollar und hohen Energiekosten die Inflation mit befeuert.
Leiden an US-Geldpolitik
In ihrer Studie verweist die Credit Suisse am Dienstag darauf, dass hochrangige politische Entscheidungsträger sowohl in Industrie- als auch Schwellenländern vermehrt Kritik am internationalen Währungssystem üben, da wesentliche geldpolitische Entscheidungen in den USA Schwierigkeiten in anderen Ländern verursachen.
Der Blick auf die Vergangenheit belege, dass nicht nur Phasen eines schwachen Dollar und einer lockeren US-Geldpolitik Probleme in der übrigen Welt auslösen können. Auch eine straffe Geldmarktpolitik der Fed und ein starker Dollar könne andere Länder mitunter sogar noch mehr in Bedrängnis bringen.
Unangefochtene Rolle der Leitwährung
In den vergangenen Jahrzehnten sei der Anteil des US-Dollar an den weltweiten Devisenreserven der Zentralbanken gesunken. Aktuell liege er bei rund 60 Prozent, verglichen mit über 80 Prozent in den 70ger Jahren. Zwar gebe es Gründe dafür, dass sich diese Abschwächung weiter fortsetzen werde, einen echten Herausforderer gebe es aber nicht. «Derzeit gibt es keine offensichtlichen Kandidaten, welche den US-Dollar in absehbarer Zeit als Leitwährung ablösen könnten», schreibt die Credit Suisse.
Als Faktoren, die die Position des Dollar als Leitwährung schwächen, werden der sinkende Bedarf an Devisenreserven in einer Welt der variablen Wechselkurse genannt, die aktive Diversifizierungspolitik der Zentralbanken sowie die zunehmende Nutzung von Swap-Linien zwischen Zentralbanken.
Für weiteren Euro-Aufstieg fehlt der Wille
Am ehesten sei noch der Euro in einer Position, um als Leitwährung geeignet zu sein. Zumindest erfülle er, im Gegensatz etwa zum Renminbi, als frei handelsbare Währung eine der Grundvoraussetzungen. Jedoch hätten die politischen Entscheidungsträger der Eurozone keine Bestrebungen, dass ihre Währung diese Rolle übernimmt. «Das Fehlen einer Fiskalunion, eines gemeinsamen ‘sicheren’ Vermögenswertes sowie einer Bankenunion erschwert den weiteren Aufstieg des Euros im globalen Währungssystem», heisst es bei der CS.
Der chinesischen Währung wiederum fehle die internationale Kapitalmobilität. Zudem scheinen eine vollständige Liberalisierung und Öffnung der chinesischen Finanzmärkte für grenzüberschreitende Transaktionen unwahrscheinlich.
Statt einer Ablösung des Dollar rechnet die CS mit einer Entwicklung hin zu einem mehr multipolaren Währungssystem.
Anti-Dollar-Koalition
Als Beispiele dafür können gegenwärtig die Absichten Russlands gesehen werden, etwa in Zusammenarbeit mit China und dem Iran den Handel mit Erdöl und Gas vom Dollar zu entkoppeln. Auch in Asien gibt es bereits seit Jahren Bestrebungen, durch eine vertiefte geldpolitische Zusammenarbeit ein Gegengewicht zu schaffen. Bisher sind aber alle Versuche, eine Anti-Dollar-Koalition zu schmieden, kläglich gescheitert.