Ein ehemaliger CS-Investmentbanker ist mittlerweile Chef der wichtigsten Gold-Lobby der Welt. Mit seinem Projekt «Gold 247» will er nun den Londoner Goldhandel revolutionieren.
Die Londoner City ist der weltweit bedeutendste Handelsplatz für Gold. Dabei hängt der Goldhandel von einem Netz von Hochsicherheitstresoren ab, die sich unter dem Grossraum London befinden. Täglich wechseln da etwa 50’000 Goldbarren im Wert von jeweils mehr als 650’000 Dollar den Besitzer – unter vier grossen Banken, die für die Abwicklung der Transaktionen zuständig sind, darunter die US-Grossbank J.P. Morgan und der britische Finanzriese HSBC Holdings.
Das System umfasst Gold im Wert von rund 500 Milliarden Dollar, das an verschiedenen Orten gelagert wird. In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat es sich kaum verändert. Nach Meinung von David Tait ist nun die Zeit für Änderungen reif, berichtet die Nachrichtenagentur «Bloomberg». Tait amtiert als CEO des World Gold Council (WGC) und leitet damit die wichtigste Lobbygruppe der Goldminenbetreiber.
Ein bewegtes Leben
In Schweizer Finanzkreisen ist Tait nicht nur als WGC-Chef ein wohlbekannter Name. Er war früher unter anderem Chef des Handels mit Staatsanleihen, Fremdwährungen und Zinsen bei der Grossbank Credit Suisse (CS). Nicht zuletzt wurde sein Leben verfilmt, da Tait eine bewegte Vergangenheit hat, wie finews.ch schon früher berichtete.
Der ehemalige Investmentbanker erhofft sich von Änderungen im Goldhandel eine deutliche Steigerung der Nachfrage. Sein Reformpaket trägt den Namen «Gold 247» (für 24/7). Dazu gehört eine Datenbank, die die Blockchain-Technologie nutzt, um nahezu jeden Goldbarren auf der Welt zu erfassen.
Mit digitalem Token in die Zukunft
Sobald diese eingerichtet ist, sollte es Taits Meinung nach möglich sein, einen digitalen Token zu schaffen, der mit physischem Gold unterlegt ist und leichter gehandelt werden kann.
«Gold247» ist die Vision der Gold-Lobby für die Umgestaltung des globalen Goldmarktes, um den Herausforderungen der heutigen Verbraucher und Investoren gerecht zu werden. Die Art und Weise, wie Gold derzeit gehandelt und die Lieferkette verwaltet wird, muss sich dem WGC zufolge weiterentwickeln, um sicherzustellen, dass der Goldmarkt weiterhin die Erwartungen der Endkonsumenten, der Finanzdienstleister und der Regulierungsbehörden erfüllt.
Tait kennt die Schwächen des derzeitigen Systems aus erster Hand. Er schloss «Bloomberg» zufolge 2014 die Abteilung für Rohstoffhandel bei der Credit Suisse, weil es einfacher und weniger riskant war, mit anderen Anlageklassen Renditen zu erzielen.
Es gibt schon Alternativen
Es gibt derzeit zwar schon Krypto-Stablecoins, die mit Gold besichert sind. Aber die Marktkapitalisierung selbst von führenden Gold-Token wie PAX Gold (PAXG) und Tether Gold (XAUT) ist bislang verhältnismässig gering. So richtig durchgesetzt haben sie sich am Kryptomarkt bislang nicht. Mit Gold hinterlegte Exchange Traded Funds (ETF) wiederum sind zwar leicht handelbare und in der Regel liquide Produkte.
Aber die physische Auslieferung ist nicht immer so einfach, wenn man das Gold tatsächlich braucht. «Da kann es zu Einschränkungen und Problemen kommen, Banken haben da teilweise sehr unterschiedliche Bedingungen», erklärte unlängst Christian Brenner vom Edelmetallhänder Philoro gegenüber finews.ch.
Breitere Kreise
Durch die Digitalisierung kann ein breiteres Spektrum von Anlegern das gelbe Edelmetall halten, ist der ehemalige CS-Banker überzeugt. «Es gibt eine Fülle von Branchen, ganz zu schweigen von Institutionen, die sich in der Vergangenheit nicht an Gold herangewagt haben», sagt der Edelmetallexperte.
Insbesondere für Kleinanleger ist der direkte Zugang zum Goldmarkt schwierig, da oftmals unerschwinglich. In London etwa werden 400-Unzen-Barren gehandelt, während die in den USA gehandelten Comex-Futures 100-Unzen-Barren verwenden. Die meisten Privatanleger müssen daher kleinere Barren und Münzen von Händlern kaufen, die oft mit hohen Aufschlägen versehen sind. Tait denkt, dass die Schaffung von Token, die leicht gegen physische Goldbarren getauscht werden können, dieses Problem lösen könnte.
Pilotprojekt gestartet
Seine Pläne stossen indes in Marktkreisen auf Skepsis. Der von Taits Team geplante Token bräuchte die Unterstützung des gesamten Marktes, von den Banken der Wall Street bis hin zu den indischen und chinesischen Behörden, die die wichtigsten Konsumentenmärkte für Gold regulieren.
In der Zwischenzeit könnte ein Blockchain-Ledger, der Goldbarren nachverfolgt, den Käufern Gewissheit über deren Herkunft und Reinheit geben und gleichzeitig zur Bekämpfung der Geldwäsche beitragen.
Das Projekt beginnt mit einem Programm zur Gewährleistung der Integrität von Goldbarren, das gemeinsam mit der London Bullion Market Association durchgeführt wird und die Blockchain-Technologie zur Überwachung der Lieferungen nutzt. Ein Pilotprojekt mit 30 Teilnehmern, darunter Minenbetreiber, Raffinerien und Banken, wurde gerade abgeschlossen, so Tait.