Eine Annahme der Reform zur Verrechnungssteuer ist überfällig. Nach einem Übergang profitiert das ganze Land davon, findet finews.ch.
Der Bundesrat hat mit seiner heutigen Medienkonferenz zur Reform der Verrechnungssteuer den Abstimmungskampf quasi offiziell lanciert. Im jetzigen Regime sei die Rückforderung der Steuer für Private im Ausland und für Unternehmen kompliziert, argumentiert der Bundesrat zur Vorlage. Auch könne es sein, dass die Steuer auf ein Gesuch aus dem Ausland hin nicht oder nur zum Teil zurückerstattet werde. Und weil es die Verrechnungssteuer nicht überall im Ausland gebe, gäben Schweizer Unternehmen Obligationen im Ausland aus, um die Steuer zu umgehen.
Gegenwärtig sind für Zinseinkommen 35 Prozent Verrechnungssteuer fällig. Privatpersonen im Inland erhalten die Steuer zurück, wenn sie die Zinseinnahmen in der Steuererklärung deklarieren. Dass die Steuer auch auf Zinsen aus im Inland ausgegebenen Obligationen anfällt, ist gemäss dem Bundesrat ein Nachteil für die Schweizer Wirtschaft.
Andere Länder sind schlauer
Der Landesregierung ist uneingeschränkt beizupflichten. Es ist eine bekannte, aber unschöne Tatsache, dass die Schweiz im Obligationenmarkt gegenüber Finanzplätzen wie Luxemburg, Singapur, Südkorea, USA oder auch Grossbritannien über die Jahre an Boden verloren hat. In diesen Ländern werden deutlich mehr Obligationen ausgegeben als hierzulande. Damit künftig mehr Obligationen im Inland emittiert werden, muss die Verrechnungssteuer auf neu ausgegebenen inländischen Obligationen zwingend fallen, hält auch der Bundesrat fest.
Wegfallen muss ebenfalls, wie von Bundesrat und Parlament vorgeschlagen, auch die Umsatzabgabe für inländische Obligationen und gewisse andere Wertpapiere. Sie wird heute fällig, wenn Wertpapiere gekauft oder verkauft werden. Zudem soll die Verrechnungssteuer für juristische Personen sowie für Anleger im Ausland auch auf Zinsen von Bankkonten gestrichen werden. Bestehen bleiben soll die Steuer aber für Private im Inland.
Milchkuh Schweiz
Pünktlich zum Ende der Sommerferien will der Bundesrat die Stimmbevölkerung auf die Seite der Vernunft ziehen. Er hat allerdings einen schweren Stand, weil die Sympathien ungleich verteilt sind.
Im einen Lager stehen Politiker, die statt sparen lieber Steuern einziehen und diese fremden Gelder als selbsternannte Wohltäter meist in eine ihm wohlgesinnte Wählerschaft umleiten.
Auf der Gegenseite steht eine Finanzbranche, die den schweizerischen Gesetzgeber dafür tadelt, dass er die Bankkunden vor allem als Fiskalobjekte sieht, während ausländische Staaten ihre Finanzplätze gerade durch kluge Standortpolitik attraktiver machen. Diese Länder haben längst erkannt, dass das Kapital des In- wie des Auslands sich wie ein flüchtiges Reh verhält und regulieren deshalb mit Bedacht. Hierzulande herrscht allerdings in den politischen Reihen häufig Kurzsichtigkeit oder Unverständnis vor, wie dies der Journalist und Autor Beat Kappeler auf finews.ch scharf analysierte.
Die Reform lohnt sich für alle
Nach dem Inkrafttreten der Reform würden für die öffentliche Hand zwar zunächst Einnahmen wegfallen. Diesen Mindereinnahmen stehen aber Wachstumschancen gegenüber, wie der Bundesrat festhält. Umgekehrt werden die Nachteile der jetzigen Verrechnungssteuer für die Schweiz mit steigenden Zinsen noch gravierender, wie finews.ch unlängst berichtet hat.
Eine Analyse des BAK kommt zum Ergebnis, dass sich die vorliegende Reform sowohl für den Wirtschaftsstandort Schweiz als auch für den Staat eindeutig positiv auswirken wird. Demnach wird das Schweizer Wertschöpfungsniveau nach 5 Jahren wiederkehrend um rund 3,1 Milliarden Franken oder 0,4 Prozent höher liegen als ohne Reform. Für den gesamten Staatshaushalt ist die Bilanz gemäss der Untersuchung bereits nach drei Jahren ausgeglichen. Nach fünf Jahren liegt der Saldo aus Einnahmen und Ausgaben um rund 300 Millionen Franken höher als ohne Reform.
Mehr als kompensiert
So wird der Wegfall der Verrechnungssteuer und Umsatzabgabe durch die insgesamt höhere Steuerbasis mehr als kompensiert. Mit diesen ständigen Budgetüberschüssen könnten die öffentlichen Schulden bis zum Jahr 2027 um rund 450 Millionen Franken verringert werden. Die Ergebnisse sind gemäss BAK robust gegenüber Annahmen deutlich geringerer positiver wirtschaftlicher Impulse.
Fallen die bisherigen Standortnachteile weg, wird die Schweiz also nicht nur ihr Wertschöpfungsniveau erhöhen, sondern auch mehr Steuern einnehmen die öffentliche Verschuldung abbauen.