Die Bundesanwaltschaft klagt einen ehemaligen Verantwortlichen der St. Galler Pensionskasse an. Die geforderte Strafe zeigt, dass die Zeiten vorbei sind, als Frontrunning in der Schweiz als Kavaliersdelikt gegolten hat.
Die Bundesanwaltschaft (BA) wirft dem ehemaligen Beamten des Kantons St. Gallen unter anderem mehrfache ungetreue Amtsführung, das Ausnützen von Insider-Informationen und mehrfache Geldwäscherei vor. Er soll durch die rechts- und pflichtwidrige Verwaltung von Vorsorgevermögen seine ehemaligen Arbeitgeber und die Fondsleitung am Vermögen geschädigt und sich selbst unrechtmässig bereichert haben, wie es in einer Mitteilung vom Mittwoch heisst.
3 Millionen Franken realisiert
Der Beschuldigte war von 2003 bis 2014 für das Finanzdepartement des Kantons St. Gallen und von 2014 bis 2018 für die St. Galler Pensionskasse tätig. Dabei konnte er die Anlagestrategie des durch ihn verwalteten Fonds eigenverantwortlich umsetzen und etwa über Umfang oder Zeitpunkt von Transaktionen frei entscheiden. Diese habe er von 2008 bis 2018 jeweils auf seine privaten Aktientransaktionen abgestimmt und im Vorfeld grösserer Transaktionen dort selbst Positionen aufgebaut, lautet der Vorwurf der Ermittler.
Durch dieses Frontrunning auf Grundlage seiner Insiderinformationen habe er sich mit Hunderten von anklagerelevanten Transaktionen private Gewinne in der Höhe von über 3 Millionen Franken realisiert, schreibt die BA weiter. In der Anklage stellt die BA einen Strafantrag von vier Jahren. Bis zu einem rechtskräftigen Urteil gilt die Unschuldsvermutung.
Zuerst in Zürich untersucht
Die Anklage und das Strafverfahren gehen zurück auf eine Anzeige der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) gegen den Beschuldigten vom Dezember 2017 beim Untersuchungsamt des Kantons St. Gallen. Das Verfahren wurde von der auf Wirtschaftskriminalität spezialisierten Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich durchgeführt. Das Strafverfahren wurde im April 2018 formell eröffnet und 2020 von der BA übernommen, da Insiderhandel zwingend der Bundesgerichtsbarkeit untersteht.