In seinem ersten Interview seit seiner Verhaftung wendet sich Jahrhundertbetrüger Bernard Madoff gegen die Banken: Sie hätten bewusst weggeschaut.
Der Journalistin Diana Henriques konnte Bernard Madoff persönlich im Gefängnis von Butner im Bundesstaat North Carolina besuchen und für die «New York Times» interviewen. In dem zweistündigen Gespräch beteuerte der Häftling mehrmals, dass gewisse Banken und Hedge Funds von seinem Vorgehen gewusst haben müssen.
Die Finanzinstitute seien «willkürlich blind» gewesen: Die Ungereimtheiten zwischen den Filings, die er via Aufsichtsbehörden veröffentlichte, und den Informationen, die er ihnen selber zur Verfügung stellte, hätten sie zweifellos bemerkt.
«Sie hätten es wissen müssen. Aber die Einstellung war im Stile von: 'Wenn du etwas falsch machst, wollen wir nichts davon wissen'»: So beschreibt Madoff die Zustände bei den Banken und Hedge Funds (die im Artikel aber nicht namentlich genannt werden).
Gefängnisbesuch mit Folgen in Genf
Im Gefängnis verfolgt Madoff gespannt der Verlauf seines Falles. In diesem Zusammenhang zeigt er sich auch erstaunt darüber, wieviele Leute angeblich Zweifel an seinen Machenschaften gehabt haben. «Ich lese nun mehr darüber, dass sie viel misstrauischer gewesen waren, als ich jemals bemerkte», fügt Madoff an («mit einem leichten Lächeln», wie die Autorin bemerkt).
Im Gespräch betont Madoff auch, wie fest er nun dem Nachlassverwalter Irving Picard bei der Rückerstatung von Vermögen zur Seite stehe. Ob Madoffs Zusammenarbeit mit Picard auch die Union Bancaire Privée dazu bewegte, zu einer Vergleichszahlung Hand zu bieten, lässt Diana Henriques offen; sie weist aber darauf hin, dass die Einigung der Genfer Bank mit den Madoff-Gläubigern kurz nach Irving Picards Besuch bei Madoff in Butner stattfand.
Bei strafrechtlichen Angelegenheiten, in denen er von den Behörden angegangen wurde, hüllt sich Madoff jedoch in Schweigen und beteuert, dass er alleine das Schneeballsystem geführt hätte und niemand davon gewusst habe.