Das auch in der Schweiz aktive Vorzeige-Fintech streicht jede zehnte Stelle, noch bevor der Abschwung im Geschäft richtig eingesetzt hat. Doch nicht nur diesbezüglich geht Klarna höchst unkonventionell vor.
Für den Klarna-Chef Sebastian Siemiatkowski (Bild unten) ist es schlicht «eine Goldgrube»: Der CEO des wertvollsten Fintechs Europas hat kürzlich eine Liste auf dem Online-Portal Linkedin öffentlich gemacht. Darauf finden sich nicht nur die Namen, sondern auch die Koordinaten Hunderter von Mitarbeitenden, mit denen sich das Unternehmen in Verhandlungen über einen Austritt befindet.
Der weltweit tätige Payment-Dienst hat vergangene Woche überraschend jede zehnte Stelle im Unternehmen gestrichen.
Er selber habe gemischte Gefühle bezüglich dieser Liste, kommentierte der Klarna-Mitgründer die so wohl selten gesehene Publikation. Es sei ein Symbol für die harte Entscheidung, die getroffen werden musste, und stimme ihn traurig. Anderseits woller er anderen Firmen die Rekrutierung seiner Ex-Angestellten erleichtern, die er als «fantastische Leute» bezeichnete.
«Das ist ein Scherz, oder?»
Wie ein Firmensprecher gegenüber finews.ch betont, gehe die Liste auf eine Initiative der Mitarbeitenden zurück. Alle genannten Personen hätten ihre Namen selbst auf diese Liste gesetzt. Wer nicht mitmachen wollte, figuriert Klarna zufolge auch nicht auf der Liste.
Auf dem Portal Linkedin liessen die Kommentare allerdings nicht lange auf sich warten. Während einzelne Stimmen den Wert der Liste für Headhunter unterstreichen, überwiegt die Kritik. «Klarna, das ist ein Scherz, oder?», schreibt ein Kommentator. Eine andere Stimme sieht die Liste als Indiz dafür, wie schlecht dieser Change-Prozess gehandhabt werde.
Den Eindruck der Konfusion wird man auch mit Blick auf die Schweiz nicht los. Hier hat Klarna gerade erst mit einem neuen Büro und einem neuer Belegschaft Fuss gefasst; während es auf Anfrage zuerst hiess, für das hiesige Team ergäben sich keine Veränderungen, hat finews.ch dann von zumindest einer Entlassung erfahren. Dies wollte Klarna auf erneute Anfrage hin nicht kommentieren.
(Bild: Klarna)
Nachhause geschickt
Auch die Mitarbeitenden in der Schweiz erlebten weitere Eigenheiten der Massenentlassung beim schwedischen «Einhorn» Klarna. So hatte Chef Siemiatkowski die Massnahme in aller Öffentlichkeit in einem Blog-Beitrag angekündigt. Im selben Zug hatte er die Mitarbeitenden gebeten, von zu Hause aus zu arbeiten. Dies, um die Privatsphäre der von den Massnahmen betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen, wie es hiess. Dem Vernehmen nach wurde die Weisung aber auch hierzulande strikt umgesetzt, und das ganze Team arbeitete während Tagen im Home-Office.
Mit den Entlassungen reagiert Klarna vorauseilend auf einen erwarteten wirtschaftlichen Abschwung. Wie sich zeigt, sind jedoch nicht alle Stellenprofile gleichermassen betroffen.
Nicht alle Profile gleichermassen betroffen
So wertete das Branchen-Portal «Sifted» die von Siemiatkowski aufgeschaltete Liste nach Stellenbezeichnungen aus. Es zeigt sich: Das HR litt deutlich mehr als die IT-Experten im Bereich Operations; zahlenmässig am wenigsten fielen die Kündigungen bei den Datenspezialisten ins Gewicht. Wen es traf, der erhielt eine vielsagende Online-Einladung zum Gespräch mit der Personalabteilung. Der Titel: «Meeting regarding your role at Klarna».