Bereits im Januar 2021 soll der deutsche Geheimdienst Hinweise darauf erhalten haben, dass sich Ex-Wirecard-Manager Jan Marsalek in Moskau aufhält. Doch erst jetzt haben Ermittler offenbar ein Auslieferungsersuchen gestellt.
Die deutsche Justiz hat sich mit einem Rechtshilfeersuchen an die russische Regierung gewandt. Die Ermittler fordern die Auslieferung des ehemaligen Wirecard-Managers Jan Marsalek, wie verschiedene deutsche Medien berichten, wie etwa das «Handelsblatt».
Bereits in der vergangenen Woche hatte «Bild» (Artikel bezahlpflichtig) unter Berufung auf Regierungskreise berichtet, dass Marsalek in Moskau untergetaucht sei. Der Aufenthaltsort des früheren Wirecard-Vorstands soll demnach dem Bundesnachrichtendienst (BND) und dem Bundeskanzleramt bereits seit vergangenem Jahr bekannt gewesen sein.
Mit Impfstoff Sputnik Vgehandelt?
Die deutsche Botschaft in Moskau sei auf einen Förderer der dortigen Deutschen Schule aufmerksam gemacht worden, der «ominöse Geschäfte» betrieben habe. Der Mann soll mit dem russischen Impfstoff Sputnik V gehandelt, mit einer paramilitärischen Söldnertruppe in Verbindung gestanden und über beste Kontakte nach Österreich verfügt haben, so die Zeitung weiter.
Die Staatsanwaltschaft München I will nun mit dem Ersuchen die Auslieferung Marsaleks erwirken, wie es weiter heisst. Das Versteck Marsaleks soll sich in der Nähe von Moskau befinden und sei vom russischen Geheimdienst FSB bereitgestellt worden. Die Münchener Ermittler seien 2021 nicht über die Hinweise informiert worden und hätten erst durch die Enthüllungen der Zeitung von Marsaleks Aufenthaltsort erfahren.
Bilanzskandal-Drahtzieher
Marsalek gilt als einer der Drahtzieher des Wirecard-Bilanzskandals. Der für das Asiengeschäft verantwortliche Manager soll mittels eines unübersichtlichen Firmengeflechts riesige Beträge aus dem deutschen Fintech geschleust haben. Die Vorwürfe lauten unter anderem auf gewerbsmässigen Bandenbetrug, einen besonders schweren Fall der Untreue und Bilanzfälschung.
In dem Fall wurde im März Anklage gegen den langjährigen Vorstandschef Markus Braun, den Dubai-Chef Oliver Bellenhaus sowie Chefbuchhalter und Vizefinanzvorstand Stephan von Erffa Anklage erhoben. Das Dax-Unternehmen Wirecard musste im Juni 2020 wegen eines Bilanzlochs von 1,9 Milliarden Euro Insolvenz anmelden.