Vor einem Monat schien der Zins-Fahrplan für die wichtigsten Zentralbanken noch recht klar. Jetzt droht die Geldpolitik durch die Ausbreitung der Corona-Variante Omikron durcheinandergewirbelt zu werden.
Die Notenbanken in den USA, der Eurozone, Grossbritannien und Japan entscheiden in dieser Woche allesamt über ihre Zinspolitik. Auch hierzulande äussert sich die Schweizerische Nationalbank (SNB) am Donnerstag in ihrer «Geldpolitischen Lagebeurteilung» zu den Zinsen und zur Konjunktur.
Die Notenbanken haben dabei alle mit ähnlichen Problemen zu kämpfen: Die Inflation ist höher als prognostiziert und dürfte auch länger als erwartet anhalten. Der Arbeitsmarkt erholt sich, und insbesondere bei Facharbeitern werden Engpässe sichtbar. Das führt zu steigenden Löhnen und zu Zweitrundeneffekten. Auf der anderen Seite gibt es weiter Flaschenhälse in den Lieferketten, was die Konjunkturentwicklung bremst.
Zwei oder drei Schritte?
Den Anfang des Reigens macht am (morgigen) Mittwochabend die amerikanische Notenbank Federal Reserve (Fed). Die Inflationsrate ist in den USA auf hohe 6,8 Prozent geklettert und zeigt einen hartnäckigen Trend nach oben. Die Arbeitslosenquote bewegt sich mit 4,2 Prozent weiter nach unten in Richtung eines Niveaus, bei dem man fast schon von Vollbeschäftigung spricht.
Alles spricht somit dafür, dass der Fed-Offenmarktausschuss (FOMC) das Anleihekauf-Programm zügig beenden wird. Je nachdem, wann 2022 die erste Zinsanhebung erfolgt, könnten im Jahresverlauf zwei oder drei Schritte möglich sein.
Schnelle Ausbreitung in London
Bis zur Ausbreitung der Covid-Variante Omikron rechneten die Ökonomen vor allem in Grossbritannien mit einem Zinsschritt. Angesichts der schnellen Verbreitung – inzwischen macht Omikron 44 Prozent alle Neuinfektionen in London aus – und geplanten Massnahmen der Regierung könnte die Bank of England (BoE) jedoch die Füsse stillhalten und die Entwicklung abwarten. Dabei hatten der britische Arbeitsmarkt und die Inflation zuletzt Argumente für einen Zinsschritt geliefert.
(Bank of England / Bild: Shutterstock)
Die Europäische Zentralbank (EZB) wiederholte bisher das Mantra, dass die Inflation nur zeitweiser Natur sei. Der schwierige Pandemieverlauf zuletzt in Deutschland, Österreich, den Niederlanden und anderswo dürfte EZB-Präsidentin Christine Lagarde davon abhalten, an dieser Position etwas zu ändern. Alles andere wäre eine riesige Überraschung für die Finanzmärkte.
SNB auch weiterhin negativ
Von SNB-Präsident Thomas Jordan wird ebenfalls kaum etwas Neues erwartet. Die zu hohe Bewertung des Franken und der Willen, einem weiteren Anstieg zum Euro entgegenzutreten, gehören nun schon zum Standard-Repertoire. Weitere Themen der Nationalbanker könnten der Immobilienmarkt oder der antizyklische Kapitalpuffer der Banken sein.