Die Schweiz und Grossbritannien wollen im Finanzbereich enger zusammenarbeiten. Ein Abkommen war offenbar noch nie so nah wie jetzt.
Eine Annäherung des Schweizer Finanzplatzes zur Finanzmetropole London wird konkret. Die Gespräche zwischen den beiden Zentren liefen auf Hochtouren und seien weit fortgeschritten, erklärte Marcel Rohner, Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) am Dienstagabend an der Generalversammlung des Zürcher Bankenverbands (ZBV). «Ich bin zuversichtlich, dass es 2022 zu einer Einigung kommt», erklärte er.
Von einer engeren Kooperation der beiden grössten Offshore-Finanzplätze der Welt ist schon seit längerem die Rede. Doch mit dem vollzogenen Brexit hat sich die Ausgangslage verändert. Als Nicht-EU-Mitglieder macht es sowohl für die Schweiz als auch für Grossbritannien sehr viel Sinn, zusammen zu arbeiten. «Die Schweizer Finanzbranche hat grösstes Interesse, sich da einzubringen», sagte Rohner weiter, der seit September 2021 als Nachfolger von Herbert Scheidt den Dachverband der Schweizer Banken präsidiert.
Auf Kosten des Wettbewerbs
Rohner warnte vor «übersensiblen protektionistischen Handlungen» der Schweiz, die ein Abkommen gefährden könnten. Damit spielte er auf die EU an, wo eine Vielzahl von Staaten, darunter Italien oder Frankreich – der Schweizer Finanzbranche den Marktzutritt – ohne Zweitniederlassung im Land – bis heute verwehren. Dies allein aus dem Grund, auf Kosten des Wettbewerbs die eigene Finanzbranche zu schützen, wie auch finews.ch schon berichtete.
Eine engere Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Grossbritannien sieht der SBVg-Präsident auch als «Riesenchance», internationale Standards für nachhaltige Finanzanlagen festzulegen – «und keine von der EU» zu übernehmen, wie Rohner betonte. So könnten die beiden grössten Finanzplätze für grenzüberschreitende Geldanlagen (Crossborder) zu den wichtigsten Zentren für ESG- respektive nachhaltige Finanzen werden.