In der Corona-Pandemie sind alle Blicke auf die Regierungen und ihr Krisenmanagement gerichtet. Im Windschatten der Politik tut sich aber in der Welt der Zentralbanken noch einiges mehr.
Wenn die jeweiligen Chefs der Zentralbanken diese Woche den Ausführungen anlässlich des Forums der Europäischen Zentralbank (EZB) lauschen, reflektieren sie eventuell einen Moment darüber, wie es gerade ihrem ehemaligen Kollegen der türkischen Zentralbank, Murat Uysal, geht.
Der wurde vor wenigen Tagen vom türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan entlassen, nachdem die Landeswährung Lira auf ihrem scheinbar unaufhaltsamen Abstieg einen neuen Tiefpunkt erreicht hatte. Die Entlassung von Uysal war die zweite Entlassung eines Zentralbankchefs durch Erdogan innerhalb von lediglich sechzehn Monaten – was in der Welt der Zentralbanker mehr als aussergewöhnlich ist.
Unabhängigkeit als Eckpfeiler der Geldpolitik
Sie zeigt exemplarisch, wie prekär die Lage von manchen dieser Institute geworden ist, in einer Zeit, wo Regierungen unter Druck sind, die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie zu bekämpfen und gleichzeitig die dadurch steigende Schuldenlast zu bedienen.
Die Unabhängigkeit der Zentralbanken ist einer der Eckpfeiler der Geldpolitik, ohne die diese nicht optimal umgesetzt werden kann. Unvergessen bleibt die versuchte Einflussnahme des abtretenden US-Präsidenten Donald Trump, welcher der wichtigsten Zentralbank der Welt, dem Fed, seine eigenen Vorstellungen aufdrücken wollte.
Eine aufziehende Pandemie-Schuldenkrise
Das Problem der Coronakrise für die Regierungen dieser Welt zeigt sich in der Aufblähung der Schuldenlast. Tiefe Zinsen lassen die Zinslast auf der Staatsschuld geringer erscheinen und dienen gleichzeitig als Wachstumstreiber. Dies funktioniert natürlich nur, wenn die eigene Währung nicht unter einem Abwärtsdruck steht, wie eben die türkische Lira. Wenn die Währung unter Druck steht (wie die Lira), die Wirtschaft schwächelt (wie die türkische) und die Zinsen vom Markt als zu tief angesehen werden, geht die Balance verloren und die Währung rauscht in den Keller.
Aus dieser Perspektive betrachtet, ist die Position der Schweizer Regierung vergleichsweise günstig. Sie kann zum Nulltarif Geld aufnehmen und kann sich auf eine starke Währung und gesunde Wirtschaft verlassen.
Permanente Ungeduld
Und trotzdem gibt es eine permanente Unruhe um die Politik der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Sowohl von Seiten der Pensionskassen, als auch der Banken und der Gewerkschaften sieht sich das Direktorium unter Druck, das bald sechsjährige Negativzinsregime langsam in eine (alte) Normalität zurückzuführen. Die Anzeichen dafür stehen allerdings ungünstig.
In einer Rede von morgen Donnerstag bespricht Klaus Adam, Professor an der Universität von Mannheim, die Herausforderungen, welche eine Verschiebung des sogenannten natürlichen Zinssatzes nach unten für die Geldpolitik der Zentralbanken mit sich führt. Gemäss seinen Beobachtungen sind den Instituten nach unten Grenzen gesetzt, das heisst, dass die Handlungsoptionen der grossen Zentralbanken dieser Welt eingeschränkt sind – auch wenn die SNB wiederholt darauf hingewiesen hat, dass sie die Zinsen bei Bedarf weiter senken kann.
In diesem Spannungsfeld von Ansprüchen wird den Zentralbanken die Arbeit nicht so schnell ausgehen.