Die Negativzinsspirale dreht weiter. «Erste Schweizer Banken könnten 2020 Negativzinsen für Neukunden ab dem ersten Franken einführen», warnt Comparis-Finanzexperte Fréderic Papp.
Seit fünf Jahren bittet die Schweizerische Nationalbank (SNB) hiesige Banken zur Kasse. Diese bezahlen auf Giroeinlagen ab einer bestimmten Höhe einen Negativzins von 0,75 Prozent. Die Banken belasten diesen «Strafzins» vermehrt Kunden mit hohen Bargeldbeständen.
«Ein Ende des Negativzinsregimes ist für 2020 und auch für die folgenden Jahre nicht in Sicht», sagt der frühere finews.ch-Redaktor und heutige Comparis-Finanzexperte Frédéric Papp. Er sieht sogar noch dunklere Wolken für Sparer aufziehen.
Viel Bargeld wird Teuer
«Banken könnten zusätzlich zu den Kontoführungs-Gebühren Negativzinsen auf Einlagen von Neukunden ab dem ersten Franken erheben», warnt Papp. Banken würden so eine Mauer hochziehen, um zusätzliches brachliegendes Bargeld von Neukunden abzuwehren und Bestandeskunden keinen Anlass geben, ihre Sparkonten zu leeren.
Negativzinsen auf Kontobeständen greifen derzeit in der Regel erst ab mehreren hunderttausend Franken. Eine Ausnahme bildet die Alternative Bank Schweiz (ABS). «Je länger die Negativzinsen anhalten und je expansiver die Geldpolitik der Notenbanken, desto schwerer wiegt der Druck auf die Banken, Negativzinsen einem breiteren Kundenpublikum zu belasten», ist der Comparis-Finanzexperte überzeugt.
Papp glaubt, dass die Banken Neukunden zur Wahl stellen werden: «Wer einen bestimmten Betrag in hauseigene Bankprodukte investiert, vermeidet Negativzinsen. Wer bloss Bargeld horten will, muss zahlen. Die Bankbranche wendet diese Praxis bereits heute für vermögende Privatkunden an.»
Anleger nehmen immer grössere Risiken in Kauf
Die aufoktroyierten Negativzinsen der SNB hinterlassen grobe Schleifspuren in der Altersvorsorge und führen zu Vermögenspreisblasen in Aktien- und Immobilienmärkten. Getrieben ist diese Entwicklung vom Anlagenotstand, wie Papp weiter festhält. Anleger suchten händeringend nach Rendite und nehmen dafür auch grössere Risiken in Kauf.
In der Folge werden Investitions-Projekte finanziert, die unter normalen Zinsen geringe Realisierungschancen hätten. Eine Anhebung der Zinsen wäre die richtige Medizin. Die Zinspolitik der SNB ist aber im grossen Masse von den Massnahmen der EZB abhängig.
Grosser Schaden für die Sparer
Der Spielraum der Währungshüter unter der Ägide von Christine Lagarde, der Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), die Zinsen in den kommenden Jahren zu erhöhen, ist begrenzt. Das schadet zwar den Sparern, die für ihre Vorsorge immer mehr Geld auf die Seite legen müssen; Zinserhöhungen beschleunigen laut den Mainstream-Ökonomen aber den wirtschaftlichen Abschwung Europas – zumindest in den südeuropäischen Staaten.
- Die Kosten für Letzteres werden demnach höher beziffert als das Einläuten einer Zinswende. Gegen eine baldige Zinswende sprechen laut Papp unter anderem folgende Gründe:
- Die teils hochverschuldeten europäischen Staaten können das Gewicht steigender Zinsen nicht mehr tragen
- Die Standard-Inflationsraten in Europa und der Schweiz bleiben deutlich unter 2 Prozent
- Der schwelende Handelskonflikt zwischen den USA und China
- Eine spürbare Zurückhaltung der Investoren aufgrund des Brexits
- Eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für weitere Zinssenkungen in den USA