Europa entwickelt sich in zwei völlig verschiedenen Geschwindigkeiten. Das habe weitreichende Konsequenzen, sagt Tom Beevers von BNY Mellon.
Von Tom Beevers, Manager des BNY Mellon Pan European Equity Fonds
Europa entwickelt sich mit zwei völlig verschiedenen Geschwindigkeiten. Die OECD erwartet 2010 ein BIP-Wachstum von 1,4 Prozent in Deutschland, 2 Prozent in Schweden und 1,4 Prozent in Frankreich.
Dies steht im Kontrast zum peripheren Europa, welches massiv langsamer wächst. So erwartet man beispielsweise in Spanien eine BIP-Schrumpfung von 0,3 Prozent und in Griechenland sogar um 0,7 Prozent.
Tiefe Einschnitte
Die Probleme der südeuropäischen Länder beruhen auf den angekündigten Sanierungsprogrammen und werden zusätzlich durch die Bedingungen auf dem Obligationenmarkt getrieben.
In Portugal beispielsweise wurden kürzlich Massnahmen verabschiedet, die über die nächsten zwei Jahre einen Einschnitt von mehr als 3 Prozent des BIPs zur Folge haben werden.
Mangelnde Wettbewerbsfähigkeit
Dies primär aufgrund der Abschwächung von Stimulierungsmassnahmen und Kostensenkungen bei der Zentralregierung. In Spanien werden ausserdem die Löhne der Staatsangestellten pauschal durch alle Reihen hindurch um 5 Prozent gekürzt.
Ein weiteres Problem für Südeuropa ist die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit ihrer Wirtschaften. In Spanien beispielsweise haben sich die Löhne im letzten Jahrzehnt nominal um über 30 Prozent erhöht. In der gleichen Zeitspanne sind die Löhne in Deutschland nominal nur um 7 Prozent gestiegen.
Starke Lohneinbussen
Nach Jahren eines steigenden Lebensstandards werden die Randländer Europas starke Lohneinbussen in Kauf nehmen müssen, um die Wettbewerbsfähigkeit wieder herstellen zu können. Das ist die richtige Lösung, wird aber über längere Zeit ein langsameres Wachstum mit sich bringen.
Der positive Treiber für Europa wird in den kommenden Jahren vom Exportsektor bestimmt sein. Die EU als ganzes exportiert jährlich Waren im Wert von mehr als 1,6 Billionen Dollar. Das ist ein grösseres Volumen als die US-Wirtschaft oder China exportiert.
Nordeuropa profitiert
Die Nachfrage wird dabei sehr stark von den Emerging Markets wie Russland, Indien oder China getrieben. Durch den tiefen Euro, der mittlerweile gegenüber dem US Dollar unter 1.30 liegt, sind die Exporte ausserdem so preisgünstig wie nie zuvor.
Die Frage ist aber, wer den Nutzen davon haben wird. Den Exportzahlen nach scheint es, als profitiere Nordeuropa stärker als Südeuropa. In den Niederlanden beruhen mehr als 50 Prozent des BIPs auf dem Export.
Auch Deutschland, dessen Anteile des Exports am BIP 39 Prozent ausmacht, profitiert stark von der tiefen Eurowährung. Demzufolge wird sich die Diskrepanz zwischen Nord- und Südeuropa in den kommenden Jahren weiter verstärken.