Responsability: Risse im Nachhaltigkeits-Paradies
Beim Mikrofinanzmanager Responsability müsste Hochstimmung herrschen. Doch der Nachhaltigkeitspionier etnlässt Personal und verliert hochrangige Manager – und spricht von einer Transformation.
Im Schweizer Nachhaltigkeits-Universum herrscht Euphorie: Die verwalteten Vermögen in den Fonds und Vehikeln stiegen innert der letzten zwölf Monate um 44 Prozent – dreimal so schnell wie der Gesamtmarkt, wie auf finews.ch kürzlich berichtete.
Doch die Flut hebt nicht alle Schiffe: Die Zürcher Responsability, eine auf Mikrofinanz spezialisierter Nachhaltigkeits-Pionierin, scheint in den letzten zwölf Monaten in Krise geschlittert zu sein.
Der Flaggschifffonds verliert Geld
Das veranschaulicht zum einen die Entwicklung der Fondsvolumen. Responsabilitys Hauptprodukt, der Global Microfinance Fund, verliert kontinuierlich Geld. Per Ende Oktober verwaltete der Fonds noch 814 Millionen Dollar.
Innerhalb von gut einem Jahr zogen Investoren, die mit ihrem Geld Gutes tun wollen und Kleinunternehmen in Schwellenländern finanzieren, über 200 Millionen Dollar ab. Auch der Fair Agriculture Fund und weitere Produkte verlieren Geld.
Zwei Entlassungswellen
Das Management hat diesen Monat reagiert, wie Recherchen von finews.ch zeigen, und über ein Dutzend Mitarbeiter entlassen. Bereits im Sommer 2017 mussten über zwei Dutzend Angestellte das Unternehmen verlassen.
Obwohl unter Anlegern die Nachfrage nach Nachhaltigkeits- und Impact-Investments boomt, muss Responsability zurück buchstabieren. Der internationale Vertrieb in Europa wurde heruntergefahren.
Aderlass im Management
Die Moral in der Responsability-Belegschaft ist auch im Management angeschlagen. Philipp Cottier, im Frühling 2016 in die Geschäftsleitung geholt, hat das Unternehmen bereits wieder verlassen. Weg sind auch Mikrofinanz-Chef Christian Speckhardt und Produkte-Chef Markus Beeler. Peter Ackermann, Head Legal, hat gekündigt, wie auch Risikochef Richard Marney.
Was ist bei Responsability geschehen, nachdem CEO Klaus Tischhauser Ende 2015 zurückgetreten ist und die Leitung an Rochus Mommartz übergeben hat? Unter Tischhauser war der Mikrofinanz-Manager ein Erfolgsstory gewesen: Die verwalteten Vermögen hatte er in den fünf Jahren vor seinem Abgang von 1 auf über 3 Milliarden Dollar verdreifacht. Die Belegschaft wuchs von 80 auf über 240 Angestellte.
Hohe Managementgebühren
In den Strukturen von Responsability liegt die Krux: 240 Angestellte mit zehn Büros sind für einen Asset Manager dieser Grösse vor allem ein Kostenproblem. Das zeigt sich unter anderem in den Managementgebühren der Fonds: Retail-Anleger bezahlen für den Global Microfinance Funds jährlich 2,4 Prozent, für den Fair Agriculture Fund sogar 2,9 Prozent.
Das scheint auch für komplexe Produkte wie diese Fonds sehr viel zu sein, vor allem in Anbetracht der wenig berauschenden Performance. Für institutionelle Kunden liegen die Gebühren zwischen 1 und 1,3 Prozent.
Neuausrichtung auf sechs Geschäftsfelder
Responsability-CEO Mommartz (Bild unten) bestätigte im Gespräch mit finews.ch den Abbau von Mitarbeitern.
Zu den Geldabflüssen sagte er aber auch: «Der Blick auf die Fondsdaten täuscht. Responsability managt im Kerngeschäft Mikrofinanz seit drei Jahren rund 2 Milliarden Dollar.» Anleger würden ihre Gelder in andere Produkte verschieben.
Der Grund für die Stagnation, die derzeit hohe Kostenstruktur wie auch für den Stellenabbau liege in der vor rund drei Jahren gestarteten Neuausrichtung. Responsability will auf sechs Geschäftsbereiche setzen: Institutionelle Kunden sollen mit den Sektoren Finanz, Landwirtschaft und Energie aus den jeweiligen Anlageklassen Private Debt und Private Equity bedient werden.
Hauptaktionär scheiterte mit Verkaufsabsicht
«Der Aufbau dieser sechs Geschäftsbereiche braucht noch Zeit», erklärte Mommartz. Das Ziel sei, in den kommenden zwei Jahren die Volumen auf ein Niveau zu steigern, mit dem das Geschäft gewinnbringend und effizient geführt werden könne.
Die Folge des Umbaus bei Responsability ist ein Stillstand bei den verwalteten Vermögen, während andere Nachhaltigkeitsanbieter zweistellig wachsen.
Unmut hat sich offenbar auch bei den Responsability-Besitzern breit gemacht, namentlich beim Hauptaktionär, der Basler Privatbank Baumann & Cie. Mitinhaber Matthias Preiswerk (Bild unten) ist aus dem Verwaltungsrat ausgetreten und drängte vergangenes Jahr auf einen Verkauf der Beteiligung.
Das Responsability-Dossier zirkulierte eine Weile vergangenen Winter bei potenziellen Investoren.
Holländischer Investor sagte ab
Allein: Die Preisvorstellungen von Baumann & Cie, welche seit der Gründung von Responsability vor 15 Jahren Aktionärin ist, waren überrissen. Verhandlungen mit einem holländischen Investor scheiterten an den Forderungen von Preiswerk.
Der Baumann-Partner sagte gegenüber finews.ch, er und die Privatbank hätten keine Möglichkeit gesehen, das Responsability-Management beim internationalen Ausbau zu unterstützen. «Dass dabei auch unsere Beteiligung eine Rolle spielen könnte, ist ja klar», so Preiswerk. Baumann & Cie sei offen, was eine Internationalisierung des Aktionariates betreffe.