In der Vermögensverwaltung für Wohlhabende kommt es offenbar zu einem Paradigmenwechsel: Die Kunden wollen sich nicht mehr nur auf Kundenberater verlassen, sondern nehmen auch Roboter zu Hilfe.
Der neuste World Wealth Report des Beratungsunternehmens Cap Gemini wirft ein neues Licht auf die Zusammenarbeit zwischen reichen Privatanlegern und den Finanzinstituten. Sogenannte High-Net-Worth-Individuals (HNWI) mit rund einer Million Franken an investierbarem Vermögen verlangen vermehrt hybride Beratungsangebote, bei denen das Know-how des Beraters mit digitalgesteuerten Modellen zusammenfliessen.
Für die Banken ist diese Erkenntnis insofern wichtig, als dass sich der weltweite Reichtum im vergangenen Jahr weiter beschleunigt respektive vergrössert hat. Dem Bericht zufolge stieg die Zahl der vermögenden Privatanleger um 7,5 Prozent (im Vorjahr: 4,9 Prozent), während die Vermögen um 8,2 Prozent (im Vorjahr: 4,0 Prozent) zulegten. In der Schweiz ist die Anzahl der Millionäre um 1,5 Prozent gestiegen (Anzahl der Millionäre 2015: 358'400 und 2016: 363'900).
Vermögensverwaltung wird hybrid
Hybride Beratungsmodelle geben Vermögensverwaltern die Möglichkeit, einen besseren Service für ihre Kunden anzubieten und den Herausforderungen des Markts zu entsprechen, wie es in dem Bericht weiter heisst. Der Report 2017 zeigt überdies, dass auf Seiten der Kunden die Bereitschaft zur Nutzung hybrider Beratungsmodelle besonders steigt, wenn schon eine etablierte Geschäftsbeziehung mit dem Vermögensverwalter besteht.
Zu Beginn der Zusammenarbeit hingegen bevorzugen fast zwei Drittel der HNWIs (60,2 Prozent) den Austausch mit einem persönlichen Vermögensverwalter. In dieser Phase geht es darum, die Kundensituation zu verstehen und das Risikoprofil zu schärfen.
Sobald die Investmentstrategie steht und umgesetzt wird, nimmt die Bedeutung persönlicher Beratung deutlich ab und erreicht im After-Sales beim Investment-Reporting nur noch 37,5 Prozent (gegenüber 42,7 Prozent bei Hybrid- und 19,7 Prozent bei Automatisierungslösungen).
Vermögensverwalter machen nur kleine Schritte
«Die Ergebnisse des diesjährigen Reports zeigen, dass hybride Beratungsangebote eine immer grössere Rolle spielen. Viele Banken gehen allerdings noch zögerlich vor und wagen nur kleine Schritte. Dies wird nicht ausreichen, um im Wettbewerb mit Fintechs bestehen zu können und den wachsenden digitalen und hybriden Anforderungen der Kunden gerecht zu werden», sagt Tobias Wolf, Leiter Banking bei Capgemini Consulting in der Schweiz.
Die Akzeptanz hybrider Beratungsangebote ist regional und demografisch jedoch unterschiedlich. In Europa und Asien-Pazifik (ohne Japan) sind HNWIs am ehesten bereit, hybride Dienstleistungen im Beratungszyklus in Anspruch zu nehmen, während HNWIs in Nordamerika am wenigsten dazu neigen. Die jüngeren HNWIs (unter 40 Jahre) bevorzugen mittlerweile einen hybriden Ansatz in allen Phasen der Beratungsbeziehung.
Keine grossen Fortschritte
Die Führungskräfte der Vermögensverwalter sind sich der Bedeutung hybrider Beratungsmodelle bewusst, haben aber bisher keine grossen Fortschritte erzielt, wie es in dem Bericht weiter heisst. Das Angebot von hybriden Beratungsleistungen ist für 71 Prozent der HNWIs ein ausschlaggebender Punkt, wenn sie ihr Vermögen bei ihrem bevorzugten Vermögensverwalter konsolidieren.