2017 könnte der Branche der Ausbruch aus der Defensive gelingen. In der Regulation, im Zinsumfeld und nicht zuletzt bei den Grossbanken stehen Richtungsentscheide an. Das sind die sieben wichtigsten.
1. Credit Suisse Schweiz: Börsendebut unter Erwartungsdruck
Schon jetzt richten sich alle Augen auf die Credit Suisse (Schweiz). Die neue Schweizer Rechtseinheit soll nach den Plänen der Grossbank im zweiten Halbjahr 2017 zu Teilen an die Börse gebracht werden. Unter Schweiz-Chef Thomas Gottstein haben die Vorarbeiten dazu bereits begonnen. Er und sein Team haben nur noch wenige Monate Zeit, das Institut auf Hochglanz zu polieren: Verkauft sich die Debutantin schlecht bei den Anlegern, dann entgeht dem Mutterhaus dringend benötigtes Kapital.
Gelingt der Coup indes, bricht im Swiss Banking eine neue Ära an. Die Branche wäre um eine börsenkotierte Universalbank reicher. Und die Schweizer Tochter könnte demonstrieren, wie eine erfolgreiche, stabil aufgesetzte Credit Suisse dereinst aussehen könnte.
2. AIA: Vom Steuerstreit zur Kooperation
Mit dem 1. Januar 2017 ist die Weissgeld-Ära für das hiesige Banking definitiv angebrochen. Die Schweiz zählt zu den 50 «Early Adapter»-Staaten des Automatischen Austauschs von Bankkunden-Daten (AIA); hierzulande wird der Austausch etwa mit den EU-Staaten und Australien eingeführt; die ersten Lieferungen ins Ausland könnten rückwirkend auf 2017 im Jahr 2018 erfolgen.
Der Schweizer Finanzplatz kann damit sein im Steuerstreit arg ramponiertes Image aufglänzen. Gleichzeitig ist damit die Gelegenheit für die Schweiz gekommen, vehement nach gleich langen Spiessen zu verlangen.
Noch warten hiesige Banken auf den freien Marktzugang in die EU, während die Schweiz zwar Kundendaten und Steuern an die USA abführt, aber aus Übersee keine Informationen im Gegenzug erhält. Weiterhin schwelt auch der Steuerstreit mit Deutschland und Frankreich. Schwellenländer in Asien und Lateinamerika beginnen derweil, sich ebenfalls für die Schwarzgeld-Thematik zu interessieren.
3. USA: Schweizer Staatsbanken müssen büssen
Während das US-Programm zur Beilegung des Steuerstreits von Dutzenden Schweizer Banken 2016 abgeschlossen werden konnte, ziehen sich für die so genannten Kategorie-1-Banken der Steuerstreit mit Amerika weiter hin. Nach den Umstellungen unter dem neuen US-Präsidenten Donald Trump dürfte sich das Justizdepartement (Department of Justice DoJ) 2017 wieder jener Handvoll Schweizer Instituten «widmen».
Insbesondere laufen weiterhin Strafuntersuchungen gegen Pictet und die HSBC Private Bank in Genf, aber auch gegen die Zürcher und Basler Kantonalbanken. Da bei letzteren beiden Instituten der Staat als Eigner involviert ist, bergen die Verfahren viel politische Brisanz.
4. Geldwäscherei: Der Fluch der neuen Märkte
Die «Panama Papers», aber auch die schwelenden Korruptions-Affären um den brasilianischen Ölförderer Petrobras und den malaysischen Staatsfonds 1MDB haben es 2016 deutlich werden lassen: Die Schweizer Banken haben gerade in Schwellenland-Märkten noch viel zu tun, um nicht in den Ruch der Geldwäscherei zu geraten.
Dass es dabei durchaus ans Lebendige gehen kann, zeigt der Fall 1MDB. Die Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) hat die Tessiner Bank BSI effektiv aus dem Verkehr gezogen. Die Zürcher Falcon Private Bank musste ihr Geschäft in Singapur aufgeben. Derweil untersuchen sowohl die Aufsicht wie auch die Schweizer Bundesanwaltschaft die Rolle zahlreicher Schweizer Banken in Geldwäscherei-Affären.
Für 2017 verspricht das nichts Gutes: Finma-Chef Mark Branson stellte kürzlich bei mehreren Instituten schwere Mängel fest.
5. Fintech: Die Spreu trennt sich vom Weizen
In den letzten Monaten hat der Fintech-Standort Schweiz deutlich an Konturen gewonnen. Startups wie Contovista, Creditgate24 oder Swisspay haben Investoren gefunden. Das traditionelle Banking hat sich hinter die Bezahl-App Twint gestellt. Und Bund und Finanzmarktaufsicht haben sich explizit dazu bekannt, Fintech-Angeboten Hürden aus dem Weg zu räumen.
Gleichzeitig ist Fintech in eine Reifephase eingetreten, die sich 2017 noch deutlicher bemerkbar machen dürfte. Die besten Angebote setzen sich durch oder werden von angestammten Anbietern geschluckt. Wer bis jetzt bei den Investoren keinen Anklang gefunden hat, wird vom Markt verschwinden. Dabei hängt weiterhin das Potenzial der Disruption in der Luft. Branchenfremde Player wie Apple, Facebook und Alibaba dringen ins Finanzgeschäft vor. Und neue Technologien wie Blockchain dürften erstmals breit angewendet werden.
6. Negativzinsen: Es muss ein Gegengift her
Auch 2016 hat die Schweizerische Nationalbank (NSB) nicht davon abgelassen, Negativzinsen auf den bei ihr parkierten Sichtguthaben hiesiger Banken zu erheben. Hatten die Banken mit einer raschen Erhöhung der Hypothekarzinsen 2015 die Strafzinsen noch erfolgreich gekontert, zeigte sich in den letzten Monaten, dass das Zinsengeschäft allmählich unter Druck gerät. Neue Anbieter wie Versicherer und Pensionskassen drängen mit Tiefpreisen ins Hypogeschäft. Und die Banken trauen sich in der Mehrheit nicht, den Strafzins an die Kleinsparer weiterzugeben.
2017 wird das Negativzinsumfeld vermutlich stark auf die Gewinne der Banken durchdrücken, und damit die Stabilität des Finanzsystems beeinträchtigen. Dann muss bei der SNB ein Gegengift her.
7. Private Banking: Run auf die Schweizer Kunden
(Noch) keine Schwarzgeld-Thematik, weltweit die grössten Vermögen pro Einwohner und hohe Margen: Was Wunder, haben sich 2016 praktisch alle Schweizer Privatbanken ins Rennen um den Heimmarkt geworfen. Ziemlich rasch wurde ersichtlich, dass dabei nur gewinnt, wer der Konkurrenz Kunden abspenstig machen kann. Mittelgrosse Player mit wenig Auslandgeschäft sind dabei besonders gefordert, wie etwa die Sparmassnahmen bei der Raiffeisen-Privatbankentochter Notenstein La Roche zeigten.
2017 wird sich das Rennen voraussichtlich noch intensivieren. Den ersten Instituten dürfte dabei die Puste ausgehen.