Das neue Schweizer Potentatengesetz sende ein wichtiges Signal an die kriminellen Herrscher dieser Welt, schreibt Lukas Wiedemann von der Bankiervereinigung.
Der Schweizer Finanzplatz wurde in vergangenen Jahren und Jahrzehnten von Potentaten benutzt, um ihre unrechtmässig erworbenen Vermögenswerte in Sicherheit zu bringen. Das ist leider Realität. Sowohl die Banken als auch die Politik mussten deshalb Wege finden, damit das in der Schweiz gesperrte Geld nach dem Sturz der Potentaten wieder an die meist notleidende Bevölkerung zurückbezahlt werden kann.
Von den weltweit 4 bis 5 Milliarden Dollar zurückgeführter Vermögenswerte stammen rund 1,8 Milliarden Dollar aus der Schweiz. Das ist ein beachtlicher Anteil. Die Schweiz zeigt sich damit gewillt, ihren Beitrag an der Rückführung von Potentatengeldern zu leisten.
Gesetz schafft Rechtssicherheit
Die Bankiervereinigung hat darum die Schaffung eines Gesetzes mitangestossen, um rechtliche Klarheit zu schaffen. Das neue Potentatengesetz regelt einerseits Massnahmen im Umgang mit Potentatengeldern und schafft andererseits Rechtssicherheit im Umgang mit «politisch exponierten Personen» (PEP), also mit möglichen «künftigen» Potentaten.
Gerade die Ereignisse rund um den arabischen Frühling machten den Handlungsbedarf offensichtlich. Rund eine Milliarde Franken wurden in der Schweiz durch den Bundesrat mittels Notrecht gesperrt und warten nun auf die Rückführung nach Libyen, Ägypten, Tunesien und Syrien. Das systematische Abstützen auf Notrecht für die Sperrung von Potentatengeldern war rechtsstaatlich jedoch unbefriedigend, eine gesetzliche Grundlage musste her.
Mit dem neuen Potentatengesetz, welches seit 1. Juli 2016 in Kraft ist, sind die wichtigsten Aspekte abgedeckt. Dazu gehören namentlich:
- der Verzicht auf eine Verjährung, damit die Verfahren durch Anwälte nicht taktisch in die Länge gezogen werden;
- die Beweislastumkehr (der von der Sperrung Betroffene muss beweisen, dass sein Geld nicht unrechtmässig erworben wurde);
- sowie die engere Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und den betroffenen Ländern (die Schweiz kann die Bankkundendaten der Potentaten neu noch vor dem Eintreffen eines Amtshilfegesuches weiterleiten).
Abschreckende Wirkung
Daneben wurde mit dem Gesetz auch ein rechtsstaatlicher Rahmen geschaffen, innerhalb dessen die von einer Vermögenssperre betroffenen Personen ihre Rechte wahren können. Das Wichtigste ist jedoch die abschreckende Wirkung, welche das neue Gesetz erzielen soll: Potentaten müssen wissen, dass die dem eigenen Volk gestohlenen Vermögenswerte in der Schweiz nicht sicher sind.
Das Gesetz zeigt den Willen sowohl der Politik als auch der Finanzwirtschaft, aktiv gegen den Missbrauch des Schweizer Finanzplatzes durch Potentaten vorzugehen. Man will solche Gelder hier nicht dulden und sie unter Wahrung der Rechtsstaatlichkeit an die Bevölkerung der Herkunftsstaaten zurückführen.
Ein Modellgesetz
Die Schweiz hat ihre Hausaufgaben gemacht – das Potentatengesetz wurde von Experten der Weltbank als Modellgesetz bezeichnet. Es bleibt zu hoffen, dass andere Finanzplätze diesem Vorbild folgen.
Lukas Wiedemann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter ‹Retail Banking› und ‹Capital Markets› bei der Bankiervereinigung