Trotz der in diesem Jahr in einzelnen Segmenten tieferen Immobilienpreise ist der Neuerwerb von Wohneigentum nur noch für knapp ein Fünftel aller Haushalte problemlos tragbar, wie André Helfenstein von der Credit Suisse feststellt. Was bdeutet das?
Von André Helfenstein, Vizepräsident Zürcher Bankverband und Regionenleiter Zürich, Credit Suisse. Dies ist der dritte Beitrag in einer Reihe von Texten, in denen sich führende Vertreter der Schweizer Finanzbranche mit dem Thema Regulierung befassen. Diese Serie ist eine Kooperation zwischen finews.ch und dem Zürcher Bankenverband.
Der Immobilienzyklus in der Schweiz scheint seinen Zenit überschritten zu haben. Zur gewünschten Drosselung der Dynamik beigetragen haben neben den hohen Immobilienpreisen auch die von der Schweizerischen Bankiervereinigung in den Jahren 2011 und 2012 erlassenen Selbstregulierungsrichtlinien für das Hypothekargeschäft; so zum Beispiel bei den Eigenmitteln und der Amortisation.
Zudem hat sich in den vergangenen Monaten die Balance zwischen Angebot und Nachfrage deutlich verbessert. Die Eintrübung am Konjunkturhimmel dürfte die erkennbaren Bremstendenzen verstetigen.
Erschwerter Blick
Die Banken haben nach intensiven Verhandlungen mit der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) die Selbstregulierungsrichtlinien 2014 angepasst. Die ausgesprochen tiefen Hypothekarzinsen erschweren nämlich nach wie vor den Blick auf die mittel- und langfristige Tragbarkeit der Hypothekarverschuldung, für die auch negative Eventualitäten beispielsweise hinsichtlich Arbeitsplatz, Gesundheit oder Familiensituation in Betracht zu ziehen sind.
Die Hauptpunkte der vorgenommenen Anpassungen sind: Die Amortisationsdauer der Hypothekarschuld auf zwei Drittel des Belehnungswerts wird von 20 auf 15 Jahre verkürzt; Zweiteinkommen sind bei der Tragbarkeitsberechnung grundsätzlich nur bei Solidarbürgschaft anwendbar; für die Finanzierung von Immobilienkäufen beziehungsweise bei Handänderungen wird grundsätzlich das Niederstwertprinzip angenommen, das von einzelnen Banken jedoch schon vorher angewendet wurde.
Antizyklischer Kapitalpuffer
Die übrigen Massnahmen, insbesondere die Finanzierung von 10 Prozent des Kaufpreises mit Eigenkapital sowie die kalkulatorische Tragbarkeitsberechnung, bleiben unverändert bestehen. Zudem verstärkt der vom Bundesrat angeordnete antizyklische Kapitalpuffer auf Wohnimmobilien im Grundsatz die Verlustabsorptionsfähigkeit des Bankensektors und insbesondere jener Banken mit überdurchschnittlich starkem Wachstum der Hypothekarvolumina.
Diese Massnahmen widersprechen keineswegs dem Bestreben der Banken, die in der Bundesverfassung definierte Förderung des Wohneigentums in der Schweiz zu unterstützen und die Wohneigentumsquote von derzeit 37,2 Prozent dem deutlich höheren europäischen Durchschnitt anzunähern.
Beruhigung statt Albtraum
Gerade in der Region Zürich kann dies aber nur in massvollen Schritten geschehen. Trotz der in diesem Jahr feststellbaren Abschwächung des zuvor in einzelnen Marktsegmenten sehr hohen Preiswachstums auf Immobilien ist der Neuerwerb von Wohneigentum inzwischen nur noch für knapp ein Fünftel aller Familienhaushalte problemlos tragbar.
Mit der am Anfang September 2014 in Kraft getretenen Anpassung der Selbstregulierung leisten die Banken einen wichtigen Beitrag zur Beruhigung im Hypothekar- und Immobilienmarkt. Diese Massnahme stellt sicher, dass für Kundinnen und Kunden der Traum vom Wohneigentum nicht zum Albtraum wird.
- 1. Teil der Serie über Regulierung: «Reichtum wird unmoralisch»
- 2. Teil: «Fidleg: Keine Anlageberatung mehr für Kleinkunden?»