Philippe Monti,  CEO des Spezialisten Quilvest, über die Frage, wie man ein Family Office führt – und warum es wichtig ist, dass die junge Generation in reichen Familien eine Gewinnermentalität entwickelt.


Philippe Monti ist CEO von Quilvest Wealth Management Schweiz. Quilvest ist seit 1932 in Zürich tätig und verwaltet 7,7 Milliarden Dollar. Die Kundschaft besteht zum grössten Teil aus sehr vermögenden Kunden und Family Offices. Die Quilvest Group hat ihren Ursprung in der industriellen Tätigkeit der Familie Bemberg, die in Argentinien eine der grössten Bierbrauereien aufbaute. Zunächst als eigenes Family Office, baute sie ihre Aktivitäten im Wealth Management aus. Die Gruppe verwaltet rund 19 Milliarden Dollar und hat Standorte in Genf, Luxemburg, Paris, Montevideo und in Singapur.


 Monsieur Monti, mit welchen Bedürfnissen – neben dem Wunsch nach Erhalt und der Vermehrung des Vermögens – kommen Familien zu Quilvest Wealth Management?

Philippe Monti: Der Auslöser, unseren Rat und unsere Dienstleistungen zu suchen, ist in den meisten Fällen die Notwendigkeit, eine Nachfolgeplanung- und Erbregelung innerhalb der Familie einzuleiten und zu organisieren. Je nach Konstellation stellen sich unterschiedlich komplexe Problemstellungen: Wie soll diese gemanagt werden? Wie soll ein Familienunternehmen in den folgenden Generationen weiterexistieren? Welche Nachkommen wollen dieses Erbe antreten? Sind sie überhaupt fähig, ein Unternehmen weiterzuführen? Aber die Ausgangslage ist im Prinzip immer dieselbe. An uns liegt es dann, die in der Familie herrschenden Verhältnisse und die Dynamik zu verstehen. Denn die bestmögliche Lösung für alle Familienmitglieder und -nachkommen wird sich nur finden, wenn eine Kompromissbereitschaft besteht.

Wenden sich diese Familien in der Regel erst an Sie, wenn bereits bestehende Nachfolgeprobleme sie dazu drängen?

Das Timing ist unterschiedlich. Der kulturelle Hintergrund einer Familie spielt dabei eine Rolle. In manchen Kulturen ist der Vater so lange die alles bestimmende Figur, dass er nicht selten von seinen Kindern gedrängt werden muss, die Nachfolgeregelung anzugehen, um ein Chaos zu vermeiden.


 «Familien wenden sich oftmals etwas spät an uns.»


Es ist ein gängiges Muster, dass es dem Patron eines von ihm aufgebauten Unternehmens Mühe bereitet, die Verantwortung an die zweite Generation zu übergeben. Das führt dazu, dass sich Familien oftmals etwas spät an uns wenden.

Mit ihren bisherigen Bankberatern sind sie dann bereits an Grenzen gestossen?

Solche Familien haben manchmal eine kleine Beratungsodyssee hinter sich, wenn sie sich an Quilvest wenden. Neben Anlagelösungen suchen sie vor allem jemanden, der mit ihnen das Know-how und die Erfahrung im Management von Nachfolgeregelungen teilt.

Wie schwierig ist es, einen Familienpatriarchen, Unternehmensgründer und Erschaffer von Reichtum zu überzeugen, loszulassen?

Wir können diesen Prozess bereits in einer Anfangsphase erleichtern. Denn Quilvest hat seine eigene Geschichte als Family Office. Das Famlienvermögen wird bereits in der sechsten Generation verwaltet. Das verschafft uns Glaubwürdigkeit. Eine Nachfolgeplanung einzuleiten, bedeutet für ein Familienoberhaupt, Macht und Verantwortung abzugeben. Das schafft emotionale Hürden.


«Der Kunde lernt. Das braucht Zeit.»


 Wir bauen diese in weiteren persönlichen Gesprächen ab. Wir zeigen unseren Lösungsprozess auf und ermöglichen dem Kunden, sich dieser Lösung sukzessive anzunähern. Er lernt. Das braucht auch Zeit.

Sehen Sie kulturelle Unterschiede?

Ja. In südamerikanischen oder auch asiatischen Ländern ist die Vaterfigur in der Regel stärker ausgeprägt als in Europa oder gerade auch in der Schweiz. Das erschwert unsere Aufgabe manchmal.

Wie lange dauert der Prozess vom ersten Kontakt bis zu einer konkreten Family-Office-Lösung?

Das ist von Kunde zu Kunde unterschiedlich. Je nach Komplexität einer Nachfolgeregelung und nach Persönlichkeiten in der Familie kann es von sechs Monaten bis zu drei oder vier Jahren dauern. Äussere Einflüsse können auch zu Verzögerungen führen, wie politische Ereignisse oder die wirtschaftliche Entwicklung im Familienunternehmen.

Um eine Dynamik innerhalb einer Familie wirklich zu verstehen, müssen Sie auch Kenntnis von Details erhalten, die möglicherweise privater oder gar intimer Natur sind. Wie gehen Sie als Berater damit um?

Wir setzen die Kunden davon in Kenntnis, das solche Details wichtig sein können. Und wir bringen ihnen grosse Empathie entgegen. Weil wir als Family-Office-Berater die Rolle des objektiven Aussenseiters einnehmen, begegnen uns die Kunden in der Regel mit grösserer Offenheit. Ab einem gewissen Punkt müssen wir die Diskussion emotionaler oder familiärer Probleme, die einer Nachfolgeregelung im Wege stehen, dem Kunden selbst überlassen. Denn er entscheidet darüber, welche Lösung wir ausarbeiten.

Welche Konfliktmuster in reichen Familien treffen Sie immer wieder an?

Es gibt zwei Hauptkonflikte. Im ersten geht es um die Macht in der Familie und im Unternehmen: Welches Familienmitglied übernimmt die Leitung und die Verantwortung? Wer trifft die Entscheidungen? Wer will das tun und wer kann es auch? Der zweite Konflikt dreht sich meistens um Mängel in der Kommunikation. In einer Familiendynastie mit zwei oder drei Generationen, die teilweise auch auf dem Globus verstreut leben, ist die Kommunikation oft ein Konfliktherd: Manche Familienmitglieder stehen sich näher, andere nicht, manche behalten wichtige Informationen für sich, manche erfahre alles immer zuletzt usw.


«Vermögenswachstum muss Priorität bleiben»


 Ein Kommunikations- und Informationskonzept ist darum einer der Schlüsselfaktoren in der Einrichtung und der Führung eines Family Offices. Unabhängig von der Machtkonstellation innerhalb einer Familie sollten alle Mitglieder das Recht auf gleiche Informationen haben.

Inwiefern ändern sich die Bedürfnisse und Wünsche nach Anlagelösungen von Generation zu Generation?

Vermögenserhalt und -wachstum sind immer die höchsten Prioritäten. Wobei die erste und zweite Generation ihren Fokus in der Regel auf das Wachstum des Familienunternehmens legt. Das bedeutet, dass freie Liquidität hauptsächlich dort investiert wird. Der Aspekt des Vermögenserhalts wird aber fortlaufend wichtiger. Denn ab der zweiten und dritten Generation werden immer mehr Familienmitglieder nicht mehr direkt im Unternehmen involviert sein. Ihnen ist der Vermögenserhalt wichtiger als Investitionen für weiteres Wachstum.

Sorgt dies für Konflikte?

Ja, das bringen die unterschiedlichen Interessenlagen mit sich. Umso wichtiger ist es, dass eine Family-Office-Lösung sowohl den Aspekt desVermögenswachstums als auch des -erhalts berücksichtigt. Wachstum ist allein schon deshalb eine Notwendigkeit, weil von Generation zu Generation mehr Familienmitglieder vom erwirtschafteten Vermögen leben müssen. Wir erachten es deshalb als wichtig, dass in einem Family Office eine Wachstumsmentalität im unternehmerischen Sinn bestehen bleibt. Eine gut geführte Unternehmung wirft in der Regel deutlich höhere Renditen ab als der beste Portfoliomanager erwirtschaften kann.

Das Geld hält eine Familie zusammen?

Natürlich ist es das Geld nicht alleine. Aber ein Family Office muss Performance erwirtschaften, um die Familie zusammenzuhalten.

Wie lassen sich innerhalb einer Familie mit mehreren Generationen, verschiedenen individuellen Ambitionen und Intentionen betreffend des Familienvermögens die Interessen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen?

Indem man den Prozess der Nachfolgeregelung und der Führung eines Family Offices genau strukturiert und Abläufe formalisiert. Beispielsweise, wieviele Familienmeetings jährlich stattfinden sollen und wer an ihnen teilnimmt.


 «Unser Know-how hat seinen Preis»


 Wie Entscheidungen evaluiert und getroffen werden. Und wie sämtliche Familienmitglieder von wichtigen strategischen Entscheidungen in Kenntnis gesetzt werden. Es geht darum, dass sämtliche Familienmitglieder involviert werden.

Als Family-Office-Berater müssen sie weit komplexeren Anforderungen genügen als der Privatkunden-Berater. Berücksichtigt ihr Gebührenmodell dies?

Tatsächlich ist es nicht ganz einfach, dem emotionalen Teil unserer Problemlösungen einen Wert beizumessen...(lacht). Im Ernst: Unser Geschäftsmodell besteht darin, dass wir sehr viel Know-how teilen. Dieses hat seinen Preis, wie auch die Zeit, die wir aufwenden. Wir lösen dies, indem wir in der Regel für das Einrichten eines Family Offices und die Formalisierung der Prozesse eine Pauschale vereinbaren. Alles Weitere hängt von den Dienstleistungen ab, die wir in der Zukunft erbringen: Führung des Family Offices, Beratungen, Anlagelösungen. Für diese Dienste verlangen wir wettbewerbsfähige Gebühren.

Wie viele Kunden hat Quilvest Wealth Management?

Wir haben rund 400 Kunden. Quilvest Wealth Management war von Beginn weg auf UHNWI und Family Offices fokussiert. Das ist in der Geschichte von Quilvest begründet, die zunächst ihr eigenes Family Office war.

Wo sieht Quilvest das Wachstum?
Wir sehen es vor allem in Asien, wo eine erste Generation sehr viel Reichtum erwirtschaftet hat und eine Nachfolgeregelung benötigt. Auch im Mittleren Osten, wo die Notwendigkeit einer früheren Einleitung der Nachfolgeplanung zunehmend erkannt wird.

Wie sehen ihre Pläne für den Standort Zürich aus?
Wir sind in den letzten Jahren stark gewachsen, verwalten 7,7 Milliarden Dollar und haben rund 100 Angestellte. Ich gehe davon aus, dass wir uns weiterhin entsprechend entwickeln. Ich vergleiche die gegenwärtige Situation auf dem Finanzplatz gerne mit der Schweizer Uhrenindustrie, die ihre Marktführerschaft durch den Fokus auf Qualität zurückerobert hat. Ich glaube, dass eine ähnliche Strategie im Wealth Management ebenso erfolgreich sein wird.