Schweizer Firmen seien immer gezwungen gewesen, Kunden mit Innovationen und Qualität zu überzeugen, erklärt Michele Porro von Swiss & Global.
In den siebziger und achtziger Jahren befand sich Europa schon einmal in einem äusserst schwierigen politischen und wirtschaftlichen Umfeld. Viele Volkswirtschaften kämpften mit hohen Inflationsraten. Die massive Geldentwertung hatte verheerende Auswirkungen auf die Anlagewerte und Guthaben. Zusätzlich verringerten die stark fallenden Währungen massiv den Aussenwert des Kapitals.
«Während dieser Zeit war die Schweiz für viele Anleger ein Zufluchtsort, der die Chance bot, die Kaufkraft des Vermögens zu erhalten und gleichzeitig das Vermögen zu schützen», sagt Michele Porro (Bild). Er ist Geschäftsleitungsmitglied beim Vermögensverwalter Swiss & Global.
Unsicherheit und Besorgnis
Die Parallelen von damals mit der heutigen Zeit lägen in der grossen Unsicherheit und Besorgnis im Hinblick auf die Entwicklung der Finanzmärkte und der Konjunktur, stellt Porro weiter fest. Die Zweifel an der Stabilität der europäischen Einheitswährung sowie die Exzesse in der Fiskal- und Geldpolitik raubten den Anlegern den Schlaf. Darüber hinaus gäben die hohen Arbeitslosenraten und die daraus resultierenden gesellschaftlichen Unruhen zu denken.
«Es ist deshalb kein Wunder, dass Investoren erneut sichere Häfen suchen», erklärt der Experte von Swiss & Global. Dies bestätigen Gespräche mit europäischen Vertriebspartnern. Ihre Kunden suchten nach Möglichkeiten, Teile ihres Vermögens gegen Inflation und gegen einen möglichen Euro-Zerfall zu schützen.
Enorme Abflüsse
«Das wird durch die Mittelabflüsse aus verschiedenen Euro-Ländern bestätigt. Seit Beginn der Krise verzeichneten Griechenland, Portugal und Spanien einen Mittelabfluss von rund 330 Milliarden Euro. Von diesen 330 Milliarden flossen 300 Milliarden nach Deutschland und Frankreich», weiss Michele Porro.
In diesem Zusammenhang sei die Schweiz als Land mit einer hohen politischen und wirtschaftlichen Sicherheit sowie einer hochentwickelten und professionellen Finanzindustrie weiterhin interessant. Die stabile politische Lage verbunden mit der starken Wirtschaftskraft der Schweiz würden die Basis für eine prosperierende Zukunft der Vermögensverwaltung (Asset Management) hierzulande bilden, sagt Porro.
Überschaubares Risiko
Hinzu kämen das hochentwickelte Bankensystem und das Know-how im Asset Management. «Beides ist seit Jahrzehnten darauf ausgerichtet, Kundenbedürfnisse professionell umzusetzen und reale Vermögenswerte zu erhalten», erklärt Porro.
Professionalität und Stabilität würden eine gute Ausgangslange schaffen. Sie allein reichen nach den Worten Porros jedoch nicht für eine erfolgreiche Zukunft aus. Innovation ist und bleibe ein wichtiger Motor für das Asset Management. Wobei auch Michele Porro klar feststellt: «Das momentane Umfeld der tiefen Zinsen ist eine grosse Herausforderung für Pensionskassen. Um ihre Verpflichtungen zu erfüllen, sind Strategien gefragt, die trotz des Umfelds mit einem überschaubaren Risiko eine ansehnliche Rendite erwirtschaften.»
Erweiterung der Anlageklassen
Das werde beispielsweise durch eine Erweiterung der Anlageklassen und Strategien erreicht. Darüber hinaus habe eine innovative, dynamische Vermögensallokation gegenüber einer traditionellen statischen Allokation grosse Chancen, bessere Ergebnisse zu erzielen, so Porro.
Im Bereich der Anlageklassen bilde beispielsweise die Erweiterung um Schwellenländer eine attraktive Alternative. In Bezug auf Strategien, seien es Total Return- oder Absolute Return-Ansätze, die vor allem im Obligationen-Bereich gefragt seien.
Bloss kein «Index-Hugging»
«Die Schweiz als Asset-Management-Standort hat enorme Chancen sich durch hochstehende Produkte, die den Kunden einen Mehrwert bieten, gegen andere grössere Standorte zu behaupten. Meiner Meinung nach, gehören hierzu flexible und selektive Anlageansätze, welche die Möglichkeiten dort nutzen, wo sie das aktuelle Marktumfeld bietet und Manager, die Ansätze tatsächlich aktiv umsetzen», erklärt der Kadermann von Swiss & Global.
Anleger seien heute kaum bereit, Gebühren für ein halbherzig aktives Portfoliomanagement oder «Index-Hugging» zu bezahlen. Innovative Konzepte, die zeitgerecht auf die Kundenbedürfnisse eingingen und ihr Versprechen halten würden, seien ein Bereich in dem auch Kleine ganz gross sein könnten.
Für Arbeitskräfte attraktiv
«Der Standortvorteil Schweiz ist nicht nur für Anleger interessant, er ermöglicht es auch, die für Innovationen nötigen hochqualifizierten Arbeitskräfte auszubilden oder aus dem Ausland anzuziehen», betont Michele Porro. Schweizer Städte lägen regelmässig auf den vorderen Plätzen in Bezug auf Lebensqualität. Zusätzlich biete die Mehrsprachigkeit in der Bevölkerung enorme Vorteile, und das Bildungssystem gehöre zu den besten der Welt.
«Das regulatorische Umfeld stellt jedoch auch eine Herausforderung dar», unterstreicht Porro. Die Teilrevision des Schweizer Kapitalanlagegesetzes oder europäische Regelwerke wie UCITS IV und AIFMD müssten umgesetzt werden. Diese Veränderungen erforderten hohe Anpassungskosten und erhöhten den Aufwand für Asset Manager massgeblich. Darüber hinaus würden die Anforderungen an die Berichterstattung bezüglich Transparenz weiter steigen.
Schweiz hat Erfahrung
Unter diesen Prämissen ist Michele Porro der Meinung, dass die Schweiz mit entsprechender und konsequenter Förderung, das Potenzial habe, sich weltweit als einer der führenden Asset-Management-Plätze zu etablieren.
«Auf Grund der Ressourcen-Knappheit im Land, waren Schweizer Firmen von jeher gezwungen, Kunden mit Qualität und Innovation zu gewinnen. Es wäre daher nicht das erste Mal, dass Schweizer Unternehmen mit besonders kreativen und effizienten Lösungen international überzeugen», sagt Porro.
Michele Porro stiess 2008 zu Swiss & Global Asset Management (vormals Julius Bär Asset Management). Seit Anfang 2009 ist er Mitglied der Geschäftsleitung und Head Sales & Distribution. Zuvor leitete er die Bereiche Private Label Solutions und Global Custody Services.
Vor seiner Tätigkeit bei Swiss & Global leitete er während drei Jahren das Investment Management International bei der Winterthur-Gruppe. Von 1992 bis 2004 hatte er diverse Positionen im Credit Suisse Asset Management (CSAM) inne und leitete unter anderem die Investment-Banking-Abteilung der Credit Suisse First Boston (CSFB) in Tokio sowie den Bereich Institutional Sales Schweiz und Europa in Zürich. Er schloss sein Wirtschaftsstudium an der Universität St. Gallen (HSG) ab.