Wenn gewisse Finanzplätze daran gehen, internationale Standards umzusetzen, sei Optimismus fehl am Platz, sagt Martin Hess von der Bankiervereinigung.
Martin Hess ist Leiter Wirtschaftspolitik bei der Schweizerischen Bankiervereinigung
Jean Cocteau sprach von der Angst, für dumm zu gelten, wenn man etwas lobt, und für gescheit zu gelten, wenn man etwas tadelt. Es stünde gut an, diese Angst im Zusammenhang mit den neusten Publikationen des Financial Stability Board (FSB) zum Schattenbankensektor zu überwinden.
In meinem Blogbeitrag vom 8. November 2012 habe ich auf die hohen Erwartungen an das FSB hingewiesen. Diese hat es in meinen Augen erfüllt, weshalb hier Lob gebührt.
In seinem ‹Global Shadow Banking Monitoring Report› publiziert das FSB Schätzungen zur Grösse der Branche und nennt im Detail auch die Art der Schattenbanken. Diese grundlegenden Informationen stecken das Spielfeld ab, auf dem zukünftig neue Regeln gelten sollen.
Unzureichende Datenlage
Dabei wird beispielsweise ersichtlich, dass die USA und die Eurozone den globalen Schattenbankensektor dominieren und die Schweiz zur globalen Aktivität gerade 1 Prozent beiträgt. Zudem werden die Schattenbanken detailliert in Kategorien eingeteilt, die Verbindungen mit dem Bankensektor aufgezeigt und in transparenter Weise auf die noch unzureichende Datenlage hingewiesen.
Weiter präsentiert das FSB auch Empfehlungen, um konkrete Risiken zu reduzieren. Diese werden für das Verbriefungs- und Repogeschäft klar ausgewiesen. In anderen Bereichen sind die Arbeiten noch weniger fortgeschritten.
Gierige Spekulanten?
Das Ausweisen von Risiken ist Voraussetzung für jegliche regulatorischen Markteingriffe, die zudem proportional zu den Risiken sein müssen. Es ist dem FSB hoch anzurechnen, dass es bereit ist, sich dereinst auf solchen Aussagen behaften zu lassen.
Durch die Auflistung der wirtschaftlichen Funktionen macht das FSB auch klar, dass Schattenbanken einen unverzichtbaren Teil des Finanzsystems und nicht einen Haufen gieriger Spekulanten darstellen.
Unsägliche Debatten
Es ist hier nicht der Ort, um einzelne konkrete Vorschläge zu sezieren und Kritik zu üben. Die interessierte Öffentlichkeit hat bis Mitte Januar 2013 Zeit, ihre Sicht der Dinge in der Konsultation der Dokumente einzubringen. Ich wünschte mir, dass der Prozess in vielen anderen Vorhaben zur Verbesserung der internationalen Standards sowie der zwischenstaatlichen oder nationalen Regelungen in den letzten Jahren ebenso transparent aufgesetzt worden wäre.
Im Gegensatz zu den unsäglichen internationalen Debatten um Steuerfragen oder Bankgeheimnis scheint im Schattenbankenbereich der Prozess zweckmässig und nachvollziehbar aufgesetzt.
Bereits im politischen Gegenwind
Doch damit wurde nur der erste Schritt auf dem langen Marsch in Richtung nationale Umsetzung unternommen. Der Verzug bei einzelnen Arbeitskreisen innerhalb des Schattenbankenprojekts lässt darauf schliessen, dass hier und dort gewisse Arbeiten bereits im politischen Gegenwind stehen.
Der schwierigste Teil steht 2014 an, wenn es in verschiedenen Ländern an die nationale Umsetzung geht. Auf Grund der Erfahrungen, wie widerwillig gewisse Finanzplätze daran gehen, internationale Standards wie Basel III in nationale Vorschriften aufzunehmen, ist Optimismus fehl am Platz.
Die Mekkas der Schattenbanken
Für die Schweiz muss jedenfalls weiterhin gelten, dass die Mekkas der Schattenbanken den ersten Schritt tun müssen.