Sarasin-Chef Joachin Strähle wird offenbar still entmachtet. Die neuen brasilianischen Machthaber der Safra-Gruppe fordern von der Basler Privatbank absoluten Gehorsam.
Das gegenwärtige Schweigen in der Öffentlichkeit von Joachim Strähle zeige überdeutlich, dass längst nicht mehr Strähle das Sagen habe, sondern Joseph Safra und sein Clan. Dies schreibt «Der Sonntag» (Artikel online nicht verfügbar).
Wie mehrere Insider der Bank gegenüber dem Wochenendblatt offenbarten, werde die Bank bereits heute aus Brasilien gesteuert. Safra sitze in «seinem Bunker» in São Paulo und erteile Befehle. In den letzten Monaten zeigte sich der steinreiche Brasilianer praktisch nie am Hauptsitz, selbst der Verwaltungsrat bekam ihn kaum je zu Gesicht, wie es weiter heisst.
Offene Gesprächskultur erstickt
Safra schickte stattdessen seinen Sohn und Schwiegersohn nach Basel, die mit einem Team von Stabsleuten die Bank und ihre Prozesse in den letzten Wochen und Monaten unter die Lupe genommen haben. «Sie verströmen ein Klima, das von absolutem Gehorsam geprägt ist», heisst es.
Die Dominanz reiche bis in den Verwaltungsrat hinauf, der zu einem «Staffagengremium» degradiert wurde. Das war auch der «inoffizielle Hauptgrund», warum die beiden Verwaltungsräte, Christoph Ammann und Peter Derendinger, kürzlich ihren sofortigen Rücktritt erklärt hatten.
Abkehr von der Weissgeldstrategie
Alles deute zudem darauf hin, dass die Safra-Bankengruppe – die sehr profitabel arbeitet, aber kontinuierlich Geldabflüsse verzeichnet – stark im alten Schweizer Privatbankenschema verhaftet sei, das sich in erster Linie durch die Entgegennahme von unversteuerten Geldern definiert, so «Der Sonntag» weiter.
Für Konzernchef Safra sei Sarasin nichts mehr als eine weitere Bank in seinem umfassenden Beteiligungs-Portefeuille. Führende Mitarbeiter gehen davon aus, dass Safra, sobald er die Kontrolle vollständig übernommen habe, die Bank von der Börse nehmen und vollständig in seine Gruppe integrieren werde.
Traditionsmarke in Gefahr
«Denkbar ist, dass vom Logo nur noch der Sarasin-Baum übrig bleibt und die Bank in Safra umbenannt wird», sagt ein hoher Mitarbeiter anonym in der Zeitung vom Wochenende. Auch für Strähle werde die Luft immer dünner.
Er habe zwar nach der Übernahmeankündigung im letzten Herbst einen Vierjahresvertrag mit einer Retention-Fee erhalten. Doch er habe keine Garantie, auch so lange noch CEO zu bleiben. Er dürfte sich früher von der Bank trennen, prognostiziert «Der Sonntag».
Diffuse Machenschaften Safras
Um Sarasin vollständig zu übernehmen, muss Safra den Restaktionären mindestens 70 Prozent des bezahlten Preises zahlen, also 27 Franken. Es gibt jedoch noch den so genannten alternativen Mindestpreis.
Da der Kurs noch Monate nach der Transaktionsankündigung über 27 Franken notierte, hätte Safra den Aktionären also den alternativen Mindestpreis bieten müssen, was «Safra unter keinen Umständen wollte», wird ein am Deal Beteiligter zitiert. Also verzögerte Safra das Closing, bis der Kurs unter die Marke von 27 Franken fiel und dort verharrte.