Andrea Orcels Übernahmeversuch der Banco BPM sorgt in Italien für enorme Aufregung. Wirtschaftsminister Giancarlo Giorgetti schliesst nicht aus, dass die Regierung die Transaktion mit einem Veto-Recht namens «Golden Power» blockieren könnte.

Von Giuseppe Failla, Redaktor von finewsticino.ch

Wie schon beim überraschenden Einstieg der Unicredit bei der deutschen Commerzbank sorgt auch der jüngste Übernahmeversuch von Unicredit-CEO Andrea Orcel bei der italienischen Konkurrentin Banco BPM für allerhand Aufregung im Bel Paese.

Insbesondere Infrastrukturminister und Vizepremier Matteo Salvini ist in Rage. Er sieht das italienische Bankensystem, das auf drei Pfeilern (Unicredit, Intesa und Banco BPM) beruht, als gefährdet.

Andrea Orcel, CEO von Unicredit (Bild: UC)

Ehemalige «Kommunistenbank» mit Lega-Verbindung

Giuseppe Castagna, CEO der Banco BPM, hatte zunächst innerhalb weniger Tage eine Teil-Übernahme der grossen italienischen Asset-Management-Firma Anima angekündigt, gefolgt von einer 10-prozentige Beteiligung an der Konkurrentin Monte dei Paschi di Siena (MPS). Letztere, von der Regierung unterstützte Operation, machte die BPM mittelfristig zur Favoritin für eine Dreier-Fusion, also BPM, MPS und Anima).

Die Mitte-Rechts-Regierung könnte sich so nicht nur die Lorbeeren für die Sanierung der ehemaligen «Kommunistenbank» auf die Fahnen schreiben, sondern dieses Geldhaus auch einem «wohlgesinnten» Bankensektor mit drei Säulen übergeben.

Heute ist die BPM eng mit der Lega und insbesondere mit der von Umberto Bossi geprägten Strömung verbunden, die inzwischen von Salvini unterhalten wird. Für Salvini wäre eine solche Transaktion ein grosser Erfolg, zumal so sowohl interne wie auch externe Widerstände überwunden werden könnten.

In keiner Weise abgestimmt

So erklärt sich denn auch Salvinis Rage über Orcel: «Unicredit ist eine ausländische Bank, das zeigt die Aktionärsstruktur. Ich habe nichts gegen niemanden, aber der dritte Bankpfeiler Italiens darf nicht infrage gestellt werden», erklärte er.

Wie bereits im Fall Commerzbank räumte die italienische Regierung ein, über den Schritt informiert worden zu sein, betonte jedoch, dass die Operation nicht abgestimmt worden sei.

Der Verwaltungsrat der Banco BPM, der kurz nach Eingang des Angebots zusammentrat, stellte fest, dass die von der Unicredit angebotene Prämie lediglich auf den Bewertungen der BPM vor ihrem Übernahmeangebot von Anima beruht.

«Äusserst ungewöhnlich»

Konkret erklärte der BPM-Vorstand, dass das Angebot der Unicredit für die BPM eine Gegenleistung in Form von Aktien beinhalte, die eine Prämie von 0,5 Prozent im Vergleich zum offiziellen Kurs der BPM am 22. November 2024 und einen impliziten Abschlag von 7,6 Prozent im Vergleich zum offiziellen Kurs vom 25. November 2024 darstellen würden.

Zudem erklärte der Verwaltungsrat, dass «das Angebot von Unicredit in keiner Weise mit der Bank abgestimmt wurde». Die Bedingungen seien «äusserst ungewöhnlich für eine Transaktionen dieser Art und spiegeln in keiner Weise die Rentabilität und das Potenzial zur Wertschöpfung für die Aktionäre von der BPM wider».

Grosse Besorgnis

Unicredit will offenbar «Kostensynergien» von 900 Millionen Euro erzielen, was mehr als ein Drittel der Kostenbasis der Banco BPM ist.

Das sorgt verständlicherweise für eine grosse Verunsicherung hinsichtlich der zu erwartenden Auswirkungen auf das Personal sowie auf andere «soziale Aspekte», wie der Verwaltungsrat weiter erklärte.

BPM würde Autonomie verlieren

Die angestrebte rasche Fusion zwischen den beiden Banken würde laut BPM dazu führen, dass «die rechtliche Autonomie der BPM verloren geht, was die Marke schädigt und den Wettbewerb im italienischen Bankenmarkt erheblich reduziert – sowohl für Privatkunden als auch für Firmenkunden, insbesondere für KMU, das traditionelle Rückgrat der Bank».

Vor diesem Hintergrund prüft die Regierung die Situation sorgfältig. Wirtschaftsminister Giancarlo Giorgetti schloss nicht aus, dass die Regierung die Transaktion mithilfe des ihr vorbehaltenen «Golden Power»-Vetorechts blockieren könnte.

Deutlich komplizierter

Das Angebot der Unicredit hat die Situation der Banco BPM erheblich erschwert, da die Handlungsoptionen der Bank durch das sogenannte «Passivitätsgebot» beschränkt sind.

Sollte die Banco BPM nämlich beschliessen, das Angebot für Anima zu erhöhen – ein Schritt, den viele Beobachter noch bis gestern erwartet hatten – müsste eine ausserordentliche Generalversammlung einberufen werden. Unter normalen Umständen hätte ein Beschluss des Verwaltungsrats ausgereicht.

Nachgebesserte Angebote

Im «Fall BPM» geht der Finanzmarkt davon aus, dass Orcel sein Angebot von zehn Milliarden Euro für die BPM ebenfalls noch nachbessern wird.

Dass Orcel jedoch auch ein Interesse an der MPS entwickeln könnte, wie einige spekulieren, scheint unwahrscheinlich. Der römische Banker hat mehrfach betont, daran nicht interessiert zu sein.

Commerzbank – dreimal mehr

Eine Übernahme der Commerzbank hätte einen nahezu dreifachen Wert im Vergleich zum Preis der BPM. Konkret gab die Unicredit am 11. September 2024 bekannt, 9 Prozent der Commerzbank für 1,5 Milliarden Euro gekauft zu haben, was einer impliziten Bewertung von mehr als 30 Milliarden Euro für das deutsche Finanzinstitut entspricht.