Das Research der UBS untersucht, wie sich die höheren Eigenkapitalvorschriften auf die Aktienkurse europäischer Banken auswirken. Die Schweizer Grossbank hält trotz fehlender «Visibilität» an der positiven Einschätzung der Branche fest.

Dass das Aktienresearch einer Bank andere Unternehmen unter die Lupe nimmt, gehört zu seinem täglichen Brot und ist an sich unspektakulär. Etwas weniger Routine ist es, wenn eine Bank andere Banken bewertet, also quasi die Konkurrenz. Und wenn eine Grossbank den Einfluss der Regulierung auf den Aktienkurs anderer Grossbanken einschätzt, kann doch noch etwas Spannung aufkommen.

Vergangene Woche hat das Global Research and Evidence Lab der UBS sich mit der Frage beschäftigt, wie sich «Basel 4» (die inoffizielle Bezeichnung für die im Rahmen von Basel III 2017 verabschiedeten, aber national noch nicht noch vollständig umgesetzten Eigenkapitalvorschriften) auf die europäischen Banken auswirken wird.

Höhere Kapitalanforderungen sollten verkraftbar sein

Bankaktien hätten sich nach dem Ende der Corona-Krise dank steigender Gewinne und verbesserter Ausschüttungsquoten stark entwickelt, halten die UBS-Analysten in ihrem fast vierzigseitigen Werk «The Bankroll #5» fest. Mit den Zinssenkungen der Zentralbanken wird der Gewinnzyklus reifer; Kapitalrenditen und die potenzielle Neubewertung der Kurs-Gewinn-Verhältnisse werden dadurch zusehends zu Schlüsselgrössen für die positive Sicht der UBS auf den Bankensektor.

Auch mit Basel 4 sollten Banken gemäss UBS in der Lage sein, dauerhaft Ausschüttungsrenditen von 10 Prozent zu liefern, was «absolut und relativ betrachtet extrem attraktiv ist». Die gute Nachricht sei nämlich, dass die höheren Anforderungen an die Kernkapitalquote verkraftbar seien, weil auf organischem Weg genügend Eigenkapital aufgebaut werden könne. Die schlechte Nachricht laute, dass mit Basel 4 nicht das Ende der Fahnenstange der Regulierung erreicht sei.

Europäische Bankenaufsicht als «Störfaktor»

So überprüften die Aufsichtsbehörden zurzeit die Methoden, mit denen Banken ihre risikogewichtigen Aktiven berechneten. UBS bezieht sich dabei vor allem auf 140 pendente «Aktionen» der Europäischen Bankenaufsicht (European Banking Authority, EBA). 50 davon seien technischen Regulierungsstandards, die auf der gleichen rechtlichen Stufe wie die Basler Vorschriften stünden und zwischen 2025 und 2028 umgesetzt werden sollten.

«Es gibt fast keine Visibilität vonseiten der Kreditgeber zum Umfang und Zeitplan darüber, was diese Standards bedeuten könnten. Zurzeit können wir daher nur qualitativ darauf aufmerksam machen, dass dies wahrscheinlich zu mehr regulatorischem Eigenkapital für die von der EBA-regulierten Institute führen wird», hält UBS fest.

Ertragsstärke und freie Cashflows im Brennpunkt

Doch diese Bedenken wiegen offensichtlich nicht genug, damit UBS ihre wohlwollende Sicht auf den Bankensektor revidiert. In Bezug auf das Risiko und die Sichtbarkeit potenzieller Kapitalerträge nennt die Schweizer Grossbank die italienischen Institute Unicredit, Mediobanca und Intesa Sanpaolo sowie Danske Bank, Allied Irish Banks und HSBC als positive Beispiele. Sie kombinierten besonders hohe Renditen mit starker Freier-Cashflow-Generierung und/oder wiesen überschüssige prognostizierte Eigenkapitalpositionen auf. Banken wie ING oder Caixabank bestächen durch ihre Ausschüttungsstärke, andere wie Bawag mit hohen Niveaus beim freien Cashflow.

Auch UBS selber drohen derzeit bekanntlich strengere Eigenmittelvorschriften – das Eidgenössisches Finanzdepartement, die Finma und die Schweizerische Nationalbank pochen nach den Erfahrungen mit der Credit Suisse im Interesse der Systemstabilität unisono speziell darauf, dass das Stammhaus ausländische Tochtergesellschaften künftig besser mit Eigenkapital zu hinterlegen hat. Wer sich dafür interessiert, wie sich dies auf den Aktienkurs der UBS auswirken könnte, muss auf Research-Studien anderer Banken warten.