Die UBS bekundet Mühe bei der Verdauung des Corporate-Banking der Credit Suisse. Neben der kalkulierten Reduktion von unwillkommenen Kreditrisiken spielen auch die unterschiedlichen DNAs der beiden Banken eine Rolle. Selbst wichtige Blue-Chip-Unternehmen wie ABB kehren der UBS den Rücken zu.
Die UBS als potente Privatbank mit ihren Stärken in der Vermögensverwaltung und die Credit Suisse als deklarierte Unternehmerbank: So lautete lange die implizite Aufgabenteilung zwischen den beiden international tätigen Riesen des Schweizer Finanzplatzes.
Die Credit Suisse war unbestrittene Marktführerin im Firmenkundengeschäft.
Dass die notgedrungene Übernahme der CS durch die UBS in einem ehemaligen Kerngebiet der Credit Suisse nicht geräuschlos vonstatten gehen würde, war zu erwarten und wurde auch von finews.ch bereits thematisiert.
Schlagzeilen im «Blick»
Mittlerweile hat das Thema sogar den Boulevard erreicht. Der «Blick» titelte vor kurzem: «Fette Zinsaufschläge: UBS verärgert Schweizer Firmenkunden.»
Die UBS selbst schrieb in ihrer gestern publizierten Medienmitteilung zum Quartalsbericht etwas kryptisch über «Abflüsse im Firmenkundengeschäft mit niedrigem Liquiditätswert». Diese seien aber im Bereich «Corporate & Personal Banking» durch «Zuflüsse im Privatkundengeschäft weitgehend kompensiert» worden, wodurch die Einlagenbestände in dem Geschäftsbereich mehr oder weniger konstant geblieben seien.
Die Erklärung für die gegenwärtigen Vorgänge im Firmenkundengeschäft der UBS ist vielschichtig.
Abbau zweifelhafter Kredite
Ein für die Bank unproblematischer Aspekt ist, dass die UBS im Begriff ist, sich von zweifelhaften Kreditrisiken zu trennen. In Corporate-Finance-Zirkeln ist es ein offenes Geheimnis, dass die CS gerne das grosse Scheckbuch zückte, in der Hoffnung, über wuchtige Firmenkredite mit teilweise mittelmässiger «Due Diligence» die Tür aufzustossen zu anderen, margenträchtigeren Dienstleistungen.
Die UBS holt jetzt die «Due Diligence» nach und kündigt Firmenkredite, die sie für zu riskant hält. Auch die Anpassung mancher Zinssätze kann man im Lichte einer finanzwirtschaftlich motivierten Bereinigung auf dem aktuellen Zinsniveau betrachten.
1+1 ist nicht immer 2
Ein zweiter Aspekt der Erklärung betrifft die Logik der Notfusion, auch mit Blick auf das Eigenkapital: Viele Unternehmen hatten sowohl Kreditpositionen bei der Credit Suisse als auch bei der UBS. Diese finden sich jetzt plötzlich aggregiert in derselben Bankbilanz. Aber die beiden ehemaligen Business-Cases aggregieren sich aus Sicht der fusionierten Bank nicht unbedingt eins zu eins.
Hierin liegt die Wurzel dafür, dass sich die Schweizer Wirtschaft zurecht Sorgen macht um eine systembedingt schlechtere Fremdkapital-Ausstattung nach der CS-Übernahme durch die UBS. Bei dreistelligen Millionen-Beiträgen wird der Kreis möglicher Banken jetzt eben klein.
Wer als Firma Glück hat, kann eine Kredit-Tranche bei einer grossen Kantonalbank o.Ä. ablösen. Aber eine Garantie, dass dies gelingt, gibt es naturgemäss nicht.
ABB abgewandert
Die von der Politik angedrohten höheren Eigenkapitalanforderungen an die UBS werden dieses Problem eher verschärfen.
Der dritte Aspekt, und hier wird es für die UBS ungemütlich, ist, dass es offenbar bislang nicht gelungen ist, die DNA der Credit Suisse als Unternehmerbank zu integrieren. Kundenberater aus dem Corporate-Geschäft und profitable Firmenkunden verlassen die Bank, wechseln zu anderen Häusern, welche das Corporate Banking stärker betonen als die UBS.
Davon profitieren zum Beispiel die Schweizer Filialen von BNP Paribas und Deutscher Bank, aber je nach Kundensegment und Geschäft auch internationale Player wie die amerikanischen Grossbanken oder die ING-DiBa.
Dieser, aus Sicht der UBS nicht willkommene, Exodus betrifft auch Grosskunden. Wie finews.ch erfahren hat, haben etliche Schweizer Blue Chips der UBS in den letzten Monaten den Rücken gekehrt. So hat die symbolträchtige ABB kürzlich entschieden, das Cash-Management-Mandat abzuziehen. Nutzniesserin in diesem Fall ist die Deutsche Bank, die den Auftrag erobert hat.
Die Entwicklungen der nächsten Monate werden zeigen, ob die UBS in Sachen Firmenkunden das Erbe der CS überhaupt ernsthaft antreten möchte.