Mit der neuen UBS entsteht eine Bank, die keine Rücksicht mehr auf persönliche Befindlichkeiten nehmen kann. Damit zeichnet sich eine neue Form von Banking ab, die auch in den USA Schule macht.
Als Citi-Chefin Jane Fraser kürzlich eine tiefgreifende Reorganisation des US-Finanzkonzerns ankündigte, fiel sie mit einer ungewohnt harschen Sprache auf. Bei der geplanten Anpassung der Managementstrukturen werde es enorme Stellenkürzungen geben, die «unkomfortabel» für alle sein würden, sagte die gebürtige Schottin, die als einzige Frau eine Grossbank an der Wall Street führt. Und unter diesen Prämissen forderte Fraser ihre Belegschaft auf, sich hinter sie zu stellen – oder zu gehen («or get off the train»).
Citi-Chefin Jane Fraser (Bild: Citi)
Restrukturierungen sind im US-Finanzwesen nichts Seltenes. Doch der Ton bei dieser jüngsten Ankündigung läutete unmissverständlich eine neue Eskaltionsstufe an Schonungslosigkeit in der Kommunikation ein. «Sie ist sich bewusst, dass wenn sie die Kosten nicht genügend senken und gleichzeitig die Kundennähe nicht erhöhen kann, Citi in eine existenzielle Krise schlittert», sagte Christopher Whalen, Bankenveteran und heute Chef seiner eigenen Firma Whalen Global Advisors, gegenüber der «Financial Times» (Artikel kostenpflichtig).
Harsche Wortwahl
Anders gesagt: Die harsche Wortwahl unterstreicht bloss die Dringlichkeit des Unterfangens, dass nämlich bloss noch eine Chance besteht, eine Institution zu retten. Diese neue Realität im Banking macht sich inzwischen auch in der Schweiz bemerkbar: UBS-Chef Sergio Ermotti hat sich in den vergangenen Monaten verschiedentlich relativ dezidiert geäussert in Bezug auf den Umbau und Neustart der grössten Bank der Schweiz. (Beispiele).
UBS-Chef Sergio Ermotti (Bild: UBS)
So sagte er in den vergangenen Monaten schon früh: Es handle sich nicht um eine Fusion (der Bundesrat und die Behörden verwenden diesen Begriff gerne), sondern um eine Übernahme. Damit machte klar, wer dabei das Sagen hat – und: dass die UBS zu dem Deal gedrängt wurde, um die CS zu retten.
Letzte Chance für die Schweiz
Der UBS-Chef erklärt auch: Das Tempo der weiteren Integrationsschritte werde hoch bleiben. «Wir müssen schnell sein in der Umsetzung, für Analysen haben wir nur begrenzt Zeit», betonte er und zielte darauf ab, dass eine allfällige Diskussion um den Stellenabbau nicht erst wirklich entsteht.
Vor Medienvertretern sagte Ermotti unlängst, es bleibe keine Zeit für Nostalgie. Solche Aussagen erinnern stark an diejenigen der Citi-Chefin Jane Fraser. Sie machen klar, dass die Entwicklung in der internationalen Bankbranche in eine neue Realität getreten ist, die keine Rücksicht mehr auf Befindlichkeiten nimmt, die nicht unmittelbar zum erfolgreichen Fortbestehen einer Institution zählen. Sprich: Der Neuanfang der UBS ist die letzte Chance, die Schweiz als wichtigen Punkt auf der Landkarte der weltweit führenden Finanzplätze zu bewahren und eine leistungsstarke Banken zu haben, die in diesem globalen Wettbewerb mithalten kann – was in letzter Konsequenz auch entscheidend für den künftigen Wohlstand unseres Landes ist.
Ohne falsche Rücksicht
UBS-Chef Ermotti weiss, dass er sich auf dieser Mission keine groben Fehler erlauben kann, denn von ihm hängt letztlich das hierzulande grösste wirtschaftspolitische Experiment seit vielen Jahrzehnten ab. Insofern muss er – genauso wie Citi-Chefin Jane Fraser – die UBS ohne falsche Rücksicht strategisch auf Erfolgskurs.
Dazu muss er auf die besten Leute zurückgreifen können, ohne dass von ihm irgendwelche Kompromisse abverlangt werden. Und dazu gehören mitunter auch harte Entscheide und eine Konsequenz, die nicht immer und überall allen gerecht wird. Doch am Ende zählt in der heutigen Realität nicht ein egalitäres Ansinnen, sondern ein transparenter Leitungsausweis.
Jahrzehntelanges Pauschalversagen
Das war früher anders und hat, wie es die Entwicklung der vergangenen zwanzig Jahre gezeigt hat, im internationalen Swiss Banking zu einem Pauschalversagen geführt, das oftmals vor der Justiz mit hohen Bussen und einem riesigen Reputationsverlust geendet hat und vermutlich nur noch einmal – jetzt – korrigiert werden kann. Das ist die neue Realität im Banking.