Die Zinswende ist für die Banken wie ein warmer Geldregen. Und die Prognosen für die zweite Jahreshälfte lassen keine Änderung erwarten – insbesondere Schweizer Retailinstitute steuern auf ein Rekordjahr zu.
Die Halbjahresergebnisse der neuen Schweizer Megabank UBS, die der zweitplatzierten Raiffeisen und der Nummer drei Zürcher Kantonalbank (ZKB) stehen noch aus. Doch eines ist klar: Das Zinsgeschäft dürfte auch hier überall bombastisch ausgefallen sein.
Bei den Überschriften zu den bisherigen Semesterabschlüssen von Schweizer Banken hätte man fast immer «Copy-Paste» machen können: «Bank X profitiert von der Zinswende». Durchgehend konnten die Institute ihre Erträge im Zinsdifferenzgeschäft zum Vorjahr zweistellig steigern. Die Marke von 30 Prozent oder mehr war dabei ein guter Richtwert.
Zinsgewinne kompensieren Rückgänge in anderen Bereichen
Alle Mitbewerber in den Schatten gestellt hat am (gestrigen) Mittwoch allerdings Swissquote. Um sagenhafte 588 Prozent legte der Ertrag im Zinsgeschäft zu. Im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2022 war das immer noch ein Anstieg um rund 76 Prozent.
Ganz so spektakulär waren die Zinsertragssteigerungen bei anderen Banken nicht. Die Berner Kantonalbank wies einen Anstieg um 31 Prozent aus, bei der Freiburger Kantonalbank waren es 16 Prozent und bei der Genfer Kantonalbank beim Brutto-Zinsertrag knapp 50 Prozent.
Bei Julius Bär – der selbsternannten «pure play»-Privatbank – stieg der Erfolg aus dem Zinsgeschäft um 36 Prozent auf 464 Millionen Franken. Das Zürcher Investmenthaus Vontobel, bei dem das Zinsgeschäft ebenfalls eine klar untergeordnete Rolle spielt, konnte mit dem höheren Zinsertrag Rückgänge im Kommissions- und Handelsgeschäft ausgleichen. Hier legte das Zinsgeschäft um rund 190 Prozent auf 95 Millionen Franken zu.
Marge weitet sich im September wohl nochmals aus
Kein Wunder, dass die Aussichten für die zweite Jahreshälfte unter diesen Voraussetzungen rosiger geworden sind. Zwar nähert sich der Zinsanhebungs-Zyklus offensichtlich seinem Ende. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) im September nochmals den Leitzins anhebt, ist jedoch hoch.
Das würde den Banken die Möglichkeit bieten die Zinsmarge nochmals etwas auszuweiten.
Bei den Sparzinsen auf der Bremse
Dies auch deshalb, weil die Institute bei den Zinskosten auf der Bremse stehen. Die Anhebungen der Spar- und Einlagezinsen erfolgen verzögert und decken nur einen Teil des höheren Niveaus ab. Auch die Gebühren, die in den vergangenen Jahren deutlich hochgefahren und ausgeweitet wurden, um die Marge zu verteidigen, bewegen sich noch nicht.
Das hatte jüngst einmal mehr die Kritik des Konsumentenschutzes ausgelöst.
Zwar betonen die Banken gerne, dass sie den Zinsvorteil auch an die Kunden weitergeben. Aber vollumfänglich tun sie das kaum jemals. Der Abstand zum Leitzins gehört zum Geschäftsmodell und ist allein schon dadurch gegeben, dass die Geldhäuser die durchschnittliche Verzinsung ihrer gesamten Ausleihungen als relevante Vergleichsgrösse anlegen müssen. Diese steigt aufgrund der mehrjährigen Laufzeiten von Hypotheken und Kreditverträgen nur verzögert.
Sondersteuer? Undenkbar!
Daran werden auch Appelle zur Mässigung nichts ändern. Vonseiten der Regulierung oder der Politik droht ebenfalls kein Eingreifen. Forderungen nach Sondersteuern, um Übergewinne abzuschöpfen, wie dies bereits in einigen EU-Ländern passiert ist und jüngst auch in Italien eingeleitet wurde, erscheinen hierzulande chancenlos.
Das liegt einmal an dem hohen Gut Wirtschaftsliberalismus, an den Mehrheitsverhältnissen im Parlament und an der üblicherweise langen Dauer der Gesetzgebungsprozesses.
Nur Kunden können Bewegung bringen
Das einzig probate Mittel, um die Banken bei den Kontozinsen und Gebühren auf Trab zu bringen, ist ein funktionierender Wettbewerb. Doch die Banken, die hier mit besseren Konditionen vorpreschen, sind meist klein und haben nur geringes Gewicht am Markt. Daran ändert bisher auch das breite Angebot an Online- und Neobanken nichts.
Die Platzhirsche können auf die Behäbigkeit ihrer Kunden setzen. Die Devise lautet: Lieber mal nichts tun und weiter von der Differenz zwischen den Kredit- und Einlagezinsen profitieren.