Im Schweizer Investmentbanking ist die Credit Suisse seit Jahren führend. Doch nun kommt es auch in diesem Prestigegeschäft zu Abgängen. Ein Hinweis darauf, dass die Karten bald neu gemischt werden.

Der Monolith der Investmentbank der Credit Suisse (CS) in der Schweiz hat zu bröckeln begonnen. Greifbar ist dies besonders im Geschäft mit Anleihen-Emissionen, wo nach Abgängen zur Deutschen Bank und zur brasilianisch-schweizerischen J. Safra Sarasin nun auch zwei Kader zur französischen Grossbank BNP Paribas wechseln, wie finews.ch recherchierte.

In einem Geschäftsbereich, der sich über Jahren hinweg als Marktführer behaupten konnte und auch diversen konzerninternen Reorganisationen trotzte, ist das eine bemerkenswerte Entwicklung – und ein Hinweis darauf, dass die Karten im Schweizer Investmentbanking bald neu gemischt werden. Grosse ausländische Investmentbanken wittern deshalb ihre Chance.

Unsicherheit um berufliche Zukunft

Währenddessen muss sich die UBS selber fragen, wie gross sie im prestigeträchtigen Geschäft, das als eines der «Filetstücke» der alten CS gilt, eigentlich werden möchte.

Im Umfeld der CS heisst es, das rund 70-köpfige Investmentbank-Team unter der Leitung des langjährigen Jens Haas (Bild unten) halte die Füsse still und harre der Dinge, die da kommen. Doch die grosse Unsicherheit rund um die berufliche Zukunft setzt allmählich Fliehkräfte in Gang, wie sie schon aus dem Private Banking der CS in der Schweiz bekannt sind. Wie auch finews.ch berichtete, haben sich dort ganze Equipen zur Konkurrenz abgesetzt.

Haas 500

(Bild: CS)

Dies, während die UBS-Führung unter Konzernchef Sergio Ermotti sich Zeit bis Ende August lassen will, um über das Schicksal des Schweiz-Geschäfts der übernommenen Bank zu entscheiden. Die Integration gilt dabei als Basisszenario. Trotz des Sonderstatus von einst macht man sich im Schweizer Investmentbanking der CS keine Illusionen darüber, wer die Jobs verteilen wird: nämlich die UBS. Die Idee einer CS-Plattform, die lose als Teil der UBS-Investmentbank funktioniert, hat sich offenbar rasch verflüchtigt. Jetzt besteht noch die Hoffnung, dass die Käuferin einige der einflussreichsten der CS «Regenmacher» weiter beschäftigen wird.

Unwirtschaftliche Verdoppelung

Sorgen machen sich Recherchen von finews.ch zufolge nicht nur die Banker, sondern auch deren Kunden. Das hat sinnigerweise mit dem Schweizer Firmenkunden-Geschäft zu tun, in welchem die CS ebenfalls eine führende Stellung sowohl beim Mittelstand wie auch bei den Multis einnimmt und ein entsprechendes Kreditvolumen ausstehend hat.

Laut Branchenbeobachtern ist es für die UBS nämlich nicht wirtschaftlich, ihre Bilanz auf längere Frist «doppelt», also zusätzlich mit den Firmenkrediten der CS zu belasten. Die kombinierte Grossbank werde deshalb versuchen, sich schrittweise – und sehr vorsichtig – von einem Teil der Firmen mit auslaufenden Kreditverträgen zu verabschieden.

Gerber geht

Das geschieht nicht von heute auf morgen, da solche Verträge gewöhnlich auf drei bis sieben Jahre hinaus laufen. Dennoch steige, so heisst es, die Nervosität unter den CS-Firmenkunden. Das sich jetzt mit Andreas Gerber der Chef für dieses Business per sofort von der CS verabschiedet hat, ist kaum dazu angetan, die Wogen zu glätten.

Unternehmen, die sich nach neuen Kreditgebern umsehen, sind hingegen das ideale Einfallstor für die Konkurrenz. Diese wird dabei nicht nur Finanzierungen sprechen wollen, sondern ihre Investmentbank-Dienste forcieren: Handelsfinanzierungen und Cash-Management in einem ersten Schritt, dann die Beratung bei Anleihen-Emissionen (DCM) und Eigenkapital-Transaktionen (ECM), um schliesslich beim lukrativsten Geschäft überhaupt zu landen: Bei der Beratung von grenzüberschreitenden Firmenfusionen und -übernahmen (M&A).

Beim Mittelstand punkten

Die Anstellung von DCM-Spezialisten von der CS-Investmentbank ist ein klarer Hinweis darauf, wie die konkurrierenden Häuser kalkulieren. Ihre Ambitionen für den Schweizer Markt machen die Institute dabei ganz offen kund: Sowohl die Deutsche Bank wie auch etwa die Bank of America als auch die amerikanische Mitbewerberin J.P. Morgan hegen allesamt den Anspruch, die führende ausländische Investmentbank in der Schweiz zu sein.

Laut dem Umsatzranking des Analysehauses Dealogic hatte hierzulande im ersten Semester die UBS die Nase vorne, gefolgt von der Bank of America und der ebenfalls amerikanischen Investmentbank Goldman Sachs.

Dabei hat etwa ein Riese wie J.P. Morgan längst nicht nur das Business mit Nestlé, Novartis & Co im Blick. Wie Länderchef Reinout Böttcher jüngst an einem Treffen mit Medienvertretern erklärte, will die amerikanische Grossbank auch beim Schweizer Mittelstand mehr Kunden gewinnen. Dass die CS als selbsternannte Bank der Entrepreneure einer ungewissen Zukunft entgegengeht, kommt solchen Ambitionen wohl durchaus zupass.

Widriges Umfeld

Auch im Inland dürfte das Interesse am Investmentbanking steigen. Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) etwa hat bereits die Führungsposition bei heimischen Anleihenemissionen errungen. Wie zu hören ist, sind nun aber auch andere Staatsbanken zunehmend an diesem Geschäft interessiert.

Ob UBS, ZKB, Bank of America oder BNP Paribas: Alle Häuser hatten in den vergangenen Monaten und ungeachtet der CS-Übernahme mit einem höchst widrigen Marktumfeld zu kämpfen, dass erst seit dem Juni etwas aufgeklart hat. So haben sich etwa die Volumen im Schweizer Investmentbanking in der ersten Jahreshälfte gegenüber dem Vorjahr um 7 Prozent zurückgebildet, wie Zahlen von Dealogic zeigen. Die M&A-Volumen erholten sich zwar um 15 Prozent und die Kapitalmarkt-Transaktion verdoppelten sich; derweil kam es aber im DCM-Geschäft zu empfindlichen Rücksetzern.

So gesehen haben die UBS-Investmentbanker auch ganz ohne das Geschäft der CS alle Hände voll damit zu tun, dafür zu sorgen, dass ihre Felle nicht davonschwimmen.