Die UBS hat die Region zwar unter neue Oberaufsicht gestellt. Christine Novakovic, die Grande Dame im Europageschäft, darf jedoch bleiben. Der anstehende Umbau könnte nach dem Gusto der umtriebigen Südtirolerin geraten.
«Christl», wie Christine Novakovic bankintern genannt wird, wird künftig öfter auf «Bea» treffen: Dies spätestens, sobald die offizielle Übernahme der Credit Suisse (CS) durch die UBS erfolgt ist. Mit dem Zusammenschluss nimmt auch das neue Management der Megabank seine Arbeit auf – und mit ihm Beatriz Martin Jimenez (Bild unten).
Auf Geheiss von Konzernchef Sergio Ermotti wird Martin Jimenez nämlich als Leiterin Non-Core & Legacy eine Schlüsselrolle bei der Abwicklung von Bereichen einnehmen, die auf längere Sicht keinen Platz mehr in der kombinierten UBS haben. Ausserdem ist sie zur obersten Verantwortlichen für die Region Europa, Nahost und Afrika (Emea) bei der Grossbank ernannt worden. Diese Amt übte zuvor der Vermögensverwaltung-Chef Iqbal Khan beim Institut zusätzlich aus.
Seite an Seite bei der Europabank
In dieser Funktion thront Martin Jimenez, die einst zum Team des damaligen UBS-Investmentbank-Chefs Andrea Orcel gehörte, künftig über Novakovic. Die auch in der Schweiz bestens bekannte Bankerin leitet die Vermögensverwaltung (Wealth Management) auf dem Kontinent sowie die UBS Europe in Frankfurt. Genau dort hatten die beiden früheren Investmentbankerinnen über Jahre Seite an Seite gearbeitet: Novakovic als operative Chefin, Jimenez als Verwaltungsrätin der Europabank.
Wie zu erfahren ist, soll sich aber an der Tätigkeit von Novakovic durch die Neuordnung an der Spitze der Grossbank nichts ändern. Jimenez’ Rolle als Präsidentin der Emea-Region wird bei der UBS als eine rein regionale und divisionsübergreifende Funktion verstanden, vergleichbar mit der regionalen Verantwortung des langjährigen Edmund Koh für die Region Asien-Pazifik.
(Bild: Linkedin)
Machtkampf für sich entschieden
Bei der UBS ist dies allerdings nicht in Stein gemeisselt. Selbst langjährige Machtpositionen können bei der grössten Schweizer Bank praktisch über Nacht ins Rutschen geraten, wie der Rückzug von Josef «Joe» Stadler beim Institut im vergangenen Jahr zeigte: Der einst höchst einflussreiche Superreichen-Banker verabschiedet sich Ende 2023 in Pension.
Mit Stadler hat Novakovic gemeinsam, dass sie ebenfalls unter dem alten neuen CEO Ermotti bei der Grossbank Karriere gemacht hat. Ermottis Vorgänger Oswald Grübel hatte die in Deutschland zur «Managerin des Jahres» gekürte Südtirolerin noch zur UBS geholt, wo sie die Leitung des Schweizer Firmenkunden-Geschäfts übernahm; ab 2014 führte sie in Personalunion auch noch das Investmentbanking im Heimmarkt. Anfang 2018 glückte ihr dann der Sprung ins Kerngeschäft der Grossbank. Sie verantwortete dort die Vermögensverwaltung in der Emea-Region und gewann ein Jahr später einen kolportierten Machtkampf gegen Thomas Rodermann, den damaligen Chef der Europabank.
Seither ist klar, wer die «Grande Dame» des Europageschäfts bei der UBS ist.
Geschäft in Österreich und Spanien verkauft
Den ausgedehnten Machtbereich vermochte sich Novakovic seither mit einigen Erfolgen zu sichern. So ist es unter ihr gelungen, das über Jahre hinweg defizitäre Onshore-Deutschland-Geschäft der UBS in die Schwarzen Zahlen zu führen und den abwärts zeigenden Gewinntrend in Europa zu drehen. Im Jahr 2021 kletterte der Jahresüberschuss (Gewinn) von UBS Europe um einen Drittel auf 141 Millionen Euro. Nicht mehr zur Strategie der Gruppe passende Märkte wie das Private Banking in Österreich und Spanien wurden abgestossen. Die Kundschaft in der europäischen Vermögensverwaltung wurde segmentiert, bis Aufwand und Ertrag wieder im Gleichgewicht waren.
Angesichts der bevorstehenden Übernahme des CS-Europageschäfts muss Novakovic ihren Dreijahresplan bis ins Jahr 2024 wohl aber zu den Akten legen. Nun ist Integration angesagt, anstatt Effizienzsteigerung.
Im wichtigen Deutschlandgeschäft, das weiss man im Umfeld der UBS, wird bei der CS zumindest in der Vermögensverwaltung vor Ort aber nicht viel zu integrieren sein.
Wer kriegt die Offshore-Millionen?
Denn erst im März 2022 hatte die Bank den Entschluss gefasst, im grössten europäischen Markt wieder «Onshore» im Private Banking tätig zu werden. Dies, nachdem das Institut just dieses Business im Jahr 2013 an die örtliche Bethmann Bank verkaufte hatte. Von da an wurden die Vermögen von reichen und superreichen Deutschen in der Schweiz gebucht. Das dürfte der Happen sein, den die UBS bei der Integration des CS-Deutschland-Geschäfts am meisten interessiert.
Aufs Ganze besehen lässt sich mit dem verbleibenden Geschäft der Deutschland-Tochter wohl nur noch begrenzt Staat machen. Im Jahr 2021, aus dem die letzten öffentlich verfügbaren Zahlen stammen, erlitt die Niederlassung in den Bereichen Wealth Management, Asset Management und Investmentbanking insgesamt einen Verlust von mehr als 12 Millionen Euro. Dies gegenüber einem Minus von mehr als 26 Millionen Euro im Vorjahr.
Für 2022 einen Gewinn in Deutschland angepeilt
Für 2022 erwartete die Deutschland-Tochter einen Gewinn von immerhin 15,3 Millionen Euro. Angesichts des schwierigen Umfelds im Investmentbanking und dem ersten «Bank Run» auf die CS im vergangenen Herbst dürfte sich diese Prognose aber verflüchtigt haben.
Umgekehrt dürfte damit die diffizile Arbeit am «Wealth Management Powerhouse» UBS so recht nach dem Gusto von Novakovic geraten. Sie ist dafür bekannt, bei der Umsetzung einer neuen Strategie nicht viel Federlesens zu machen – und sie findet das Ausfeilen von Geschäftsmodellen «intellektuell sehr spannend», wie sie einmal gegenüber finews.ch erklärte.