Viele Notenbanken forschen an digitalem Zentralbankgeld, so auch die Schweizerische Nationalbank. Noch in diesem Jahr will die SNB eine echte Wholesale-CBDC auf der SDX für ausgewählte Transaktionen herausgeben.
Mehrere Länder haben in diesem Jahr bedeutende Fortschritte bei digitalen Zentralbankwährungen erzielt. Und immer mehr Zentralbanken arbeiten an einer «Central Bank Digital Currency» (CBDC). Gemäss dem Atlantic Council befinden sich derzeit 65 Länder in einem fortgeschrittenen Entwicklungsstadium und mehr als 20 Notenbanken haben Pilotprojekte gestartet.
Auch in der Schweiz hat die Forschung an einer digitalen Zentralbankwährung einen hohen Stellenwert, wie die beiden Projekte «Helvetia» und «Jura» der Schweizerischen Nationalbank (SNB) illustrieren. Mit der Einführung von CBDCs sind aber auch Risiken verbunden. Denn Veränderungen im Geldsystem können problematisch sein, selbst wenn sie auf den ersten Blick gering erscheinen.
Risiken abwägen
Der Übergang von physischem zu digitalem Bargeld muss daher sorgfältig abgewogen werden, insbesondere die Auswirkungen auf das Finanzsystem.
«Eine Sorge ist, dass CBDC das Buchgeld der Geschäftsbanken konkurrenzieren könnte und Geschäftsbanken in grossem Umfang Kundengelder verlieren könnten, entweder dauerhaft oder zumindest in Zeiten hoher Unsicherheit», sagt Thomas Moser, stellvertretendes Mitglied des Direktoriums der SNB, in einem Interview mit dem «Crypto Valley Journal». Je mehr CBDCs in ihrer Funktionalität den Sichtguthaben von Banken ähneln würden, desto grösser sei dieses Risiko.
Koexistenz mit Stablecoins denkbar
Eine CBDC nach dem sogenannten Wholesale-Modell, die nicht der breiten Öffentlichkeit, sondern nur regulierten Finanzinstituten zugänglich wäre, hätte seiner Meinung nach hingegen kaum unmittelbare Auswirkungen. «Es würde dem gegenwärtigen Finanzsystem aber die sichere Nutzung der Blockchain ermöglichen», so der SNB-Vertreter.
Auf die Frage, ob für die SNB eine Koexistenz von Stablecoins und CBDC denkbar sei, antwortet Moser: «Auf der Blockchain ähneln Stablecoins dem Buchgeld der Banken im traditionellen Finanzsystem, insofern ist eine Koexistenz von CBDC und Stablecoins durchaus vorstellbar.» Allerdings müssten Stablecoins einen Mehrwert gegenüber CBDC bieten, damit Kunden nicht ausschliesslich die konkurssicheren CBDC halten und nutzen, gibt er zu bedenken.
Testlauf auf SDX
Wie Moser weiter ausführt, experimentiert die SNB intensiv mit dem Wholesale-Modell, also «einem CBDC, der nur regulierten Finanzmarktinstituten zur Verfügung steht, so wie heute die Konten bei der SNB». In der Schweiz, wo es mit der SDX bereits eine regulierte Blockchain-basierte Börse gibt, sei die Frage nach der Notwendigkeit einer Wholesale-CBDC «nicht nur von theoretischer, sondern bereits von praktischer Relevanz».
In den Berichten zu ihren Projekten «Helvetia» und «Jura» habe die SNB die technische Machbarkeit aufgezeigt. «Zurzeit vertiefen wir diese Arbeiten. So werden wir noch in diesem Jahr für ausgewählte Transaktionen echte Wholesale-CBDCs auf SDX ausgeben», stellt Moser in Aussicht.