Das Nachhaltigkeit-Angebot führender Privatbanken ist in den vergangenen Monaten sehr in die Breite gegangen – aber es ist noch nicht ausreichend tief, wie eine aktuelle Studie feststellt. Nun ist auch die schwerreiche Klientel der Institute gefordert.
Nachhaltige Anlagen seien inzwischen – fast – zum Standard bei Privatbanken geworden. Zu diesem Schluss gelangen Forscher der Universität Zürich (UZH) in Zusammenarbeit mit der Beratungsfirma PWC Schweiz in der Studie «Sustainable Investing Capabilities of Private Banks 2022».
Für den Bericht, der heuer zum vierten Mal durchgeführt wurde, loteten sie die Möglichkeiten der schwerreichen Klientel aus, bei Privatbanken Geld nachhaltig anzulegen. Etwas, was laut breitem Konsens auch tatsächlich dem Willen jener Kundschaft entspricht.
Musterschüler getestet
Für die diesjährige Studie haben die Autoren 20 Geldinstitute in der Schweiz und Europa, aber auch in Asien untersucht. Darunter fanden sich die Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse (CS) sowie die hiesigen Traditionshäuser Julius Bär, Vontobel und Edmond de Rothschild, die Deutsche Bank sowie Danske Bank oder die Singapurer Grossbank DBS.
Unter die Lupe genommen wurden dabei Aspekte wie Nachhaltigkeit-Strategie, -steuerung und -risiko, Angebot und Tiefe nachhaltiger Anlageprodukte sowie Kundeninteraktion und Berichterstattung. Ein direktes Ranking nimmt die Studie dabei nicht vor; ausgewählt wurden zudem Institute, die selber schon einen gewissen Nachhaltigkeits-Anspruch haben, also keineswegs Nachzügler sind.
Nicht nachlassen bei der Schulung
Entsprechend fällt auch der Befund zur Verbreitung nachhaltiger Produkte im Angebot aus: Der Report stellt fest, dass sich die Wachstumsrate des verwalteten nachhaltigen Anlagevermögens seit 2019 fast verdoppelt hat und von rund 16 Prozent auf 28 Prozent gestiegen ist. Mehrere Banken, darunter auch die UBS seit 2021, hätten nachhaltige Anlagen als bevorzugte Lösung für ihre Privatkunden eingeführt und bewerben den Entscheid mit einer vergleichbaren oder besseren Performance und einer globalen Diversifizierung.
Nachhaltiges Investieren sei deshalb ein Thema, dass nicht mehr ignoriert werden könne, kommentiert der Bericht – weder von einer Bank noch von Regulierungsbehörden oder Anlegern.
Während jedoch das Angebot in die Breite ging, fehlt es nach wie vor an Tiefe, wie weiter konstatiert wird. Das zeigt sich insbesondere in der Beratung. 80 bis 100 Prozent des Beratungspersonals der befragten Institute seien zwar qualifiziert, um die Kunden kompetent mit nachhaltigen Anlagemöglichkeiten zu beraten. Doch nun bräuchten sie eine kontinuierliche und vertiefte Ausbildung, um sich zu selbstbewussten Sparring-Partnern für immer anspruchsvollere Kunden zu entwickeln.
Nicht wirklich auf den Grund gegangen
Die Befragungen ergaben ausserdem, dass die noblen Adresse den Wünschen der Kundschaft nicht wirklich auf den Grund gehen (siehe Grafik unten). Zwar klären 75 Prozent ab, ob die Klientel nachhaltige Anlagen wünscht. Weniger als die Hälfte will dann aber tatsächlich wissen, welchen Zugang die Kundinnen und Kunden in diesem Feld präferieren.
Das klingt sehr nach dem Befund des Nachhaltigkeits-Pioniers Sasja Beslik (und Ex-Kaders der Privatbank J. Safra Sarasin, die ebenfalls für den Report befragt wurde), den dieser unlängst gegenüber finews.ch äusserte: Die Finanzakteure machten es sich mit der Thematik vielfach noch zu einfach.
«Kunden sollten kritischer denn je sein»
Dies ist mit Blick auf das zunehmend rabiate Vorgehen von Behörden gegenüber «Greenwashing» gefährlich geworden. Auch die Studie der Uni Zürich und PWC widmet sich dem heiklen Etikettenschwindel mit der Nachhaltigkeit. Die Regulierungsbehörden hätten die Trends bei nachhaltigen Anlagen beobachtet und festgestellt, dass viele der Behauptungen über nachhaltige Anlageprodukte irreführend seien, beobachten die Forscher. Neue Regulierungen wie die EU-Taxonomie liessen nun hoffen, dass gegen falsche Behauptungen vorgegangen werden kann.
Die Wissenschafter nehmen hier überraschend auch die reiche Klientel der Banken in die Pflicht. «Die Kunden sollten kritischer denn je sein und externe Beratung in Anspruch nehmen, um sich bei den nachhaltigen Investitionen zurechtzufinden», finden sie. Doch auch diese Anlaufstellen sind derzeit wohl noch dünn gesät.