Mit Justin Timberlake, Bruce Springsteen und Bob Dylan hat die Verkaufswelle der Songrechte von Popstars einen neuen Höhepunkt erreicht. Auch hiesige Privatbanken mischen für ihre reiche Kundschaft mit bei diesem Boom.

Michael Jackson hätte einen fähigen Private Banker wohl gut gebrauchen können. Als der amerikanische Musik-Superstar 2009 verstarb, soll er gegen eine halbe Milliarde Dollar an Schulden angehäuft haben; allein die jährlichen Zinszahlungen beliefen sich für den «King of Pop» auf geschätzte 30 Millionen Dollar.

Ironischerweise haben Jacksons Film- und Musikrechte seit seinem Tod Hunderte Millionen von Dollar eingespielt – ein Vermächtnis, an dem nun wiederum auch Privatbanken und deren reiche Kundschaft grosses Interesse bekunden.

«Menschen hören unabhängig vom Zyklus Musik»

So investiert die familiengeführte Genfer Privatbank Union Bancaire Privée (UBP) via der firmeneigenen Private Markets Group in die Song-Sammlung des Schöpfers von «Thriller», dem meist verkauften Musikalbum der Welt. Dies allerdings nur indirekt und sehr selektiv. 

Brice Thionnet, globaler Leiter von Private Markets bei UBP, erklärt dazu auf Anfrage: «Die Musikindustrie kann eine nützliche Quelle für defensive und langfristige Renditen sein. Aber um ein stabiles Portfolio aufzubauen, braucht man eine Gruppe von Künstlern, die einen langen Atem haben.» Ziel sei es daher, auf eine Reihe von Künstlern zu setzen, deren Musik seit vielen Jahren gespielt, gehört und geliebt wird. «Dazu gehören die grossen Namen, die wir alle kennen», sagt Thionnet.

Ausgerechnet das Streaming, das einen Strukturwandel auslöste, von dem sich die Musikindustrie bis heute nicht erholt hat, sorgt dabei für einen Grossteil der Einkünfte. Angesichts der aktuellen Marktverwerfung weist Musik-Streaming eine aus Anlegersicht gar besonders gesuchte Eigenschaft auf: «Die Menschen hören unabhängig vom Konjunktur-Zyklus oder der Finanzmarkt-Bedingungen Musik», stellt man bei UBP fest.

Alle Augen auf Justin Timberlake

Das klingt einigermassen prosaisch, ist doch hier von der Musik der grossen Popstars die Rede. Doch es herrscht derzeit kein Mangel an Künstlern, die sich auf den Deal mit Hit-hungrigen Investoren einlassen.

So sorgt derzeit der amerikanische Sänger und Schauspieler Justin Timberlake (Bild unten) mit dem Verkauf der Aufführungsrechte aller seiner rund 200 Songs für Aufsehen. Kolportierte 100 Millionen Dollar sollen der US-Finanzinvestor Blackstone und die Beteiligungsgesellschaft Hipgnosis dem 41-jährigen Star für sein gesamtes Liedschaffen gezahlt haben; Timberlake ist damit relativ spät auf den «Boom der Musik-Kataloge» aufgesprungen.

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(Bild: Shutterstock)

Mit Pink Floyd jenseits der Schallmauer?

Jener Boom hat bereits zahlreiche Bands und Pop-Ikonen nochmals um einiges reicher gemacht. Weltweit für Schlagzeilen sorgte Bob Dylan mit der Veräusserung aller seiner Aufführungsrechte an Universal Music Publishing – für geschätzte 300 bis 400 Millionen Dollar. Vergangenen Januar verkaufte der Folk-Poet und Literatur-Nobelpreisträger die Master-Aufnahmen seiner Songs an das Medienhaus Sony, was ihm nochmals 200 Millionen Dollar eingebracht haben dürfte.

Damit findet er sich auf Augenhöhe mit der Rocl-Koryphäe Bruce Springsteen, der Ende 2021 mit Sony handelseinig wurde und für seinen gesamten Liedkatalog offenbar mehr als 500 Millionen Dollar gelöst haben soll. Alle Rekorde brechen könnte jedoch die englische Rockband Pink Floyd, wenn sie sich doch noch entscheiden sollten, ihre Liedrechte abzutreten.

Mehr als eine Flucht

Verkaufen, so lange es noch etwas zu verkaufen gibt: Diese Devise wird den Popstars bei ihren Katalogkäufen gerne unterstellt. Doch so geschäftstüchtigen Entertainern wie Beyoncé (Bild unten), Rihanna oder Taylor Swift wird dies wohl nicht ganz gerecht. Vielmehr dürfte bei ihnen die Einsicht gereift sein, dass ihre Songrechte bei Spezialisten wie dem Kanadier Merck Mercuriadis besser aufgehoben sind.

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(Bild: Shutterstock)

Der einstige Manager von Musikgrössen wie Elton John leitet inzwischen den börsenkotierten Hipgnosis Songs Fonds, und spannt bei Katalog-Käufen mit Grössen der Wall Street zusammen, wie der jüngste Timberlake-Deal zeigt.

Auch UBP-Experte Thionnet betont, wie wichtig es sei, mit einem sehr erfahrenen Musikmanager zusammenzuarbeiten. «Einer, der nicht nur weiss, wie langlebig Musikkompositionen sind, sondern auch, wie man aus diesen Vermögenswerten weiteren Nutzen zieht.» Dies etwa, indem man sicherstelle, dass die Songs in der Fernseh- und Filmindustrie verwendet werden, wo sie von den Hörern entdeckt und wiederentdeckt werden können.

Zuger Startup will gerechter verteilen

Längst haben die Grössen der traditionellen Finanz die Finger mit im Spiel. So berät die US-Investmentbank Goldman Sachs das Label Concord beim geplanten Teilverkauf an der Börse. Dass das Debut bis jetzt nicht stattgefunden hat, werten manche Beobachter bereits als Anfang vom Ende des Booms – auch Concord befindet sich in Besitz lukrativer Songrechte.

Wie Hipgnosis bereits an der Börse gelistet ist auch die Konkurrentin Round Hill, die über die Rechte von über 120’000 Songs verfügen soll.

Eher neu in diesem Business ist die Zuger Tech-Firma Utopia Music. Vermittels modernem Datenmanagement hat sich dieses Startup zum Ziel gesetzt, eine neue globale Infrastruktur für die Musikindustrie zu schaffen. Künstlerinnen und Künstlern wird eine höhere Transparenz, grössere Reichweite bei ihrer Tantiemen-Einsammlung und eine schnellere Abwicklung ihrer Royalty-Guthaben versprochen. Und auch die Investoren sind willkommen.

Auch der King of Pop bot einst für Songs

Vergangenen Dezember ist Utopia Music nämlich eine Kooperation mit der Liechtensteiner VP Bank eingegangen, wie auch finews.ch berichtete. Das Geldhaus will mit dem Vertrag seinen Kunden die Möglichkeit eröffnen, «in den Servicesektor der stetig wachsenden Musikindustrie zu investieren», wie es damals hiess.

Auch das klingt einigermassen nüchtern; Michael Jackson hätte sich für solche Ideen wohl zu erwärmen vermocht. So ging er 1985 siegreich aus einer Bieterschlacht um die Song-Kataloge von ATV Music hervor. Teil des Portefeuilles war damals die Gesellschaft Northern Songs, welche die Rechte an zahlreichen Hits der Beatles hielt.