Die UBS vermeldet das beste erste Quartal in 15 Jahren, während sich die Credit Suisse zum Vorjahr operativ halbiert hat. Die ewige Rivalität zwischen den beiden Grossbanken gewinnt damit eine neue Dimension.
Nur ein Tag trennt die Berichterstattung der UBS und der Credit Suisse (CS) zum ersten Quartal des Jahres. Doch die Resultate sind gefühlte Lichtjahre voneinander entfernt.
Die UBS, die am vergangenen Dienstag rapportierte, legte dermassen gute Zahlen vor, dass der grösste Teil der frisch gesetzten Finanzziele bereits wieder Makulatur sind. Die Lokalrivalin CS hingegen wies am (gestrigen) Mittwoch einen Millionenverlust aus. Dieser ist zwar vor allem Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten geschuldet; rein operativ hat sich aber der Ertrag der Nummer zwei des Swiss Banking beinahe halbiert.
Allzeittief in Sichtweite
Der Graben, der sich bereits im vergangenen Jahr zwischen den beiden Schweizer Erzrivalen zu öffnen begann, hat damit einen neue Dimension erreicht. Dies spiegelt sich auch in den Aktienkursen wieder. Am Mittwoch notierte die CS-Aktien mit 6.48 Franken nahe des Allzeittiefs von 6.16 Franken. In den letzten zwölf Monaten haben die Titel einen Drittel ihres Werts verloren.
Auch die UBS hinkt seit vergangenem Januar zwar dem Schweizer Bluechip-Index SMI hinterher. Doch innert Jahresfrist hat der Aktienkurs der grössten Schweizer Bank um immerhin 15 Prozent zugelegt. Ebenfalls konnte es sich die UBS leisten, bis vergangenen März für 1,7 Milliarden Dollar eigene Aktien zurückzukaufen.
Bis an den Grund
Anlegerinnen und Anleger, die einen Börsencrash mitgemacht haben, wissen: Wer die Talfahrt bis zum Grund mitmacht, braucht die doppelte Performance, um die Verluste wieder wettzumachen.
Ein ähnliches Szenario zeichnet sich immer deutlicher bei der CS ab. Die Bank hat aufgrund hausgemachter Debakel das für die Branche extrem lukrative 2021 kaum zu ihren Gunsten nutzen können. Seit dem vierten Quartal des vergangenen Jahres harzt nun auch das operative Geschäft – ein schwieriger Ausgangspunkt für das Jahr 2022, dass von den Wirren des Ukraine-Kriegs und der Zinswende an den westlichen Finanzmärkten geprägt sein wird.
Aus dem Vollen schöpfen
Der Ausblick auf dieses «Übergangsjahr», wie es CS-Chef Thomas Gottstein nennt, fiel am Mittwoch nun sehr gedämpft aus. Sowohl im Kerngeschäft mit der Vermögensverwaltung wie auch im Investmentbanking ist das Institut von der Aktivität und Risikobereitschaft der Kunden abhängig – und die könnte verhalten bleiben, mahnte das Geldhaus.
Dies, während die UBS sich offensichtlich selbstsicher genug fühlte, ganz auf einen Marktausblick zu verzichten. Lieber konzentriert sich dort Chef Ralph Hamers darauf, die Bank zum führenden «Ökosystem» für Finanzbelange auszubauen. Die UBS zählt neben Häusern wie der Deutschen Bank und der spanischen Santander zu den europäischen Grossbanken, die nach einem Rekordjahr aus dem Vollen schöpfen und notfalls einen Sturm an den Finanzmärkten abwettern können.
Im Rückwärtsgang mit angezogener Handbremse
Die CS hingegen ist noch damit beschäftigt, alte Risiken aus dem Weg zu räumen. Das «De-Risking» hat die Grossbank im vergangenen Quartal stark im Anspruch genommen. Damit liessen sich zwar die risikogewichteten Aktiven in der Bilanz zum Vorjahr um einen Fünftel verringern. Gleichzeitig kostete das Vorgehen die Bank in der Vermögensverwaltung 25 Millionen Franken an Ertrag, im Investmentbanking gar 250 Millionen Dollar.
Bildhaft gesprochen befindet sich die CS damit im Rückwärtsgang, während es vorwärts nur mit angezogener Handbremse geht: Nach den Debakeln um die US-Fnanzfirma Archegos und die CS-Greensill-Fonds hat die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) der CS ein enges Risiko-Korsett verschrieben.
Kühne Kehrtwende?
Wie sich die Grossbank unter diesen Vorzeichen schnell verbessern soll, erscheint zum jetzigen Zeitpunkt schleierhaft. Einen Befreiungsschlag sieht die aktuelle Strategie des Instituts jedenfalls nicht vor. Wie Beobachter gerne bemerken, war die CS aber in der Vergangenheit immer wieder für eine kühne Kehrtwende gut – zu denken ist da etwa an den im Jahr 2015 angeplanten Teilverkauf des Schweiz-Geschäfts an der Börse.
Wie finews.ch verschiedentlich analysierte, hat der Fokus auf den Heimmarkt sowohl ideell wie auch als Investorensicht einiges für sich. Eine Fusion mit einem Konkurrenten erscheint demgegenüber als die weitaus einschneidendere und komplexere Variante; hinzu käme die Frage, ob dies die «Schweiz AG» überhaupt zuliesse. UBS-Chef Hamers soll dazu einmal im kleinen Kreis bemerkt haben, dass sich das Land darüber im Klaren sein müsse, ob es einen nationalen Banken-Champion wolle.
Nochmals 1,4 Milliarden Franken zurückstellen
Vorderhand muss die CS aus Sicht einer externen Käuferschaft so toxisch wie selten erscheinen. Im Quartalsbericht warnte die Grossbank nämlich, dass zu den neu eingebuchten 703 Millionen Franken an Rückstellungen für Rechtsrisiken nochmals bis zu 1,4 Milliarden Franken hinzu kommen könnten. Allerdings könne sich auch überhaupt kein zusätzlicher Rückstellungs-Bedarf ergeben, relativiert der Bericht.
Angesichts der Vorgeschichte des Instituts dürften Aussenstehende kaum mit letzterem Szenario rechnen.