Schon sah es so aus, als hätte die übermächtige Konkurrenz aus den USA auch das Schweizer Investmentbanking erobert. Aktuell ergibt sich für das Business aber ein anderes Bild.

«Es wird immer wieder mal gesagt, dass die US-Banken im Schweizer Markt aufholen würden. Doch das ist aus unserer Sicht derzeit nicht der Fall»: Das sagte Jens Haas, Chef des Investmentbanking der Credit Suisse (CS) in der Schweiz, am Dienstag vor Journalisten.

Ihm zufolge haben die hiesigen Grossbanken – die CS noch deutlich vor der UBS – die Konkurrenz aus Übersee in den letzten Monaten auf Distanz zu halten vermocht. Die CS hat ihren Marktanteil nach eigenen Angaben gar noch ausgebaut.

Vorsprung auf der Höhe der Pandemie

Auf das bisherige Jahr besehen sieht die «Hackordnung» im Schweizer Investmentbanking aktuell so aus: Die CS vereinigt mit 15,9 Prozent am meisten «Share of wallet», also Marktanteile auf sich. Es folgen die UBS mit 12,8 Prozent, Morgan Stanley (7,9 Prozent), Goldman Sachs (6,3 Prozent), Bank of America (6,1 Prozent), Citi (5,7 Prozent) und J.P. Morgan (5,4 Prozent). Aufgeholt hatte unter den US-Instituten zuletzt Goldman Sachs.

Der von der CS aktuell reklamierte Vorsprung steht in einem gewissen Gegensatz zu Wasserstands-Meldungen des letzten Jahres. Damals berichtete auch finews.ch darüber, wie die Amerikaner ihre globale Dominanz auch in der Schweiz ausbauen. Im März 2020 führte demnach die US-Grossbank J.P. Morgan das Tableau in der Schweiz an; die CS lag derweil auf dem zweiten Platz, während die UBS den sechsten Rang belegte.

Auch die damalige Auswertung stützte sich nun wie aktuell jene der CS auf Daten des Analysehauses Dealogic. Den Bankern von J.P. Morgan kam vergangenes Jahr allerdings zugute, dass einige grosse Deals mit Schweizer Beteiligung über die Bühne gingen, bei denen das Institut eine Rolle spielte.

Mega-Merger fehlen

Hingegen halten sich die amerikanischen Konkurrenten eher zurück, wenn die Transaktionen unterhalb einer gewissen Grösse liegen – Deals, welche hingegen die Schweizer Grossbanken gerne annehmen. Zudem konzentrieren die US-Institute auf gewisse Dienstleistungen, während CS und UBS die ganze Palette von Kapitalmarkt-Angeboten, Handel und Beratung bei Fusionen und Übernahmen (M&A) anbieten.

Das dürfte dieses Jahr mit geholfen haben, den Marktanteil zu verteidigen. Im Vergleich zu den ausländischen Märkten entwickelte sich das hiesige Investmentbanking 2021 nämlich bisher eher mittelmässig, und die Mega-Merger fehlten weitgehend. Dies, während das Vorjahr vom Schock der um sich greifenden Coronakrise gezeichnet gewesen war.

Blockade bei Börsengängen gelöst

Die Pandemie scheint nun aus Sicht des Marktteilnehmer schon ganz weit weg. Doch die Volumen sind nicht im erhofften Ausmass zurückgekommen. Unter Vorjahr geblieben ist etwa der Umfang des M&A-Geschäfts und im Anleihenbereich. Nach der Blockade von 2020 hat sich das Business mit Börsengängen leicht erholt, während Kapitalmarkt-Aktivitäten generell boomen.

Die CS-Investmentbanker erwarten nun, dass bis Ende Jahr das Gesamtgeschäft um rund einen Viertel zulegt. Dies gegenüber Erwartungen von mehr als 30 Prozent im europäischen Ausland. Auch hier zeigt das Schweizer Geschäft defensive Qualitäten: Es mag im Krisenjahr 2020 weniger stark eingebrochen sein als anderswo. Nun erweist sich aber der Nachholbedarf als geringer.

M&A mit Potenzial

Der CS zufolge dürften in den kommenden zwölf Monaten vor allem die Fusionen und Übernahmen mit Schweizer Firmen als Akteuren noch zulegen; Wachstum wird sowohl bei mittleren wie auch bei den ganz grossen Transaktionen gesehen.

Man darf nun gespannt sind, ob die amerikanische Konkurrenz sich diese Happen vor der Nase wegschnappen lässt. Die Investmentbanker bei der CS und der UBS werden sich kaum auf ihren Marktanteilen ausruhen dürfen.