Die Schaffhauser Kantonalbank kürzt bei ihren Mitarbeiterinnen den Mutterschaftsurlaub aufs Minimum. Die Begründung dieser Massnahme des Staatsinstitutes zeigt, wie Gleichberechtigung am Arbeitsplatz von Männern durchgesetzt wird.
Die Schaffhauser Kantonalbank (SHKB) hat ihren Mitarbeiterinnen den Mutterschaftsurlaub um zwei Wochen gekürzt. Neu gilt bei der SHKB das gesetzliche Minimum von 14 Wochen Mutterschaftsurlaub, wie die Tageszeitung «Blick» am Montag schreibt.
Eine langjährige Mitarbeiterin hatte sich bei dem Boulevardblatt gemeldet, nachdem sie von ihrer Arbeitgeberin von dieser Änderung informiert worden war. «Ich dachte, ich spinne, als ich die Mitteilung gelesen habe», liess sie sich vom «Blick» zitieren.
Vaterschaftsurlaub nun aus der Staatskasse finanziert
Zitiert wird auch aus dem Schreiben der SHKB. Darin heisse es: «Der Gesetzgeber hat neu einen Vaterschaftsurlaub vorgesehen. Daher ist es im Sinne der Gleichbehandlung richtig, die Dauer des Mutterschaftsurlaubes auf 14 Wochen anzupassen.» So setzt die SHKB demnach Gleichberechtigung am Arbeitsplatz um: Bei beiden Geschlechtern gilt das gesetzliche Minimum, zwei Wochen für Väter und nur noch 14 für Mütter.
Die Staatsbank, die seit über zehn Jahren von CEO Martin Vogel geführt wird und deren Geschäftsleitung nur mit Männern besetzt ist, hatte vor der Einführung des Vaterschaftsurlaubs diesen freiwillig bezahlt. Das hat sich per Anfang 2021 geändert. Nun finanzieren diesen mehrheitlich Steuerzahlerinnen und Steuerzahler über die Erwerbsersatzordnung.
«Die wollen uns für dumm verkaufen»
Für die SKB-Mitarbeiterin ist darum klar: «Die wollen uns für dumm verkaufen! Gleichbehandlung? Es geht doch nur ums Sparen!» Unangetastet bleibt bei der SKB die Praxis, Müttern im Urlaub den vollen Lohn zu zahlen. Vorgeschrieben wären 80 Prozent. Den vollen Lohn erhalten allerdings nur Mütter ab einer bestimmten Anzahl Dienstjahre.
Die SKB bleibt auch hier unter dem Branchenstandard: Denn die Vereinbarung über die Anstellungsbedingungen der Bankangestellten (VAB) – das ist im Prinzip der Gesamtarbeitsvertrag – sieht die Zahlung von 100 Prozent des Lohnes im Mutterschaftsurlaub vor. Allerdings ist die SHKB nicht Mitglied des Verbandes Arbeitgeber Banken, der diesen VAB ausgearbeitet hat.
Familienfreundlich und fair
Die SHKB-Medienstelle war am Montag für finews.ch nicht erreichbar. Dem «Blick» hatte sie aber ein Statement zugeschickt, in dem es hiess: «Wir brauchen den Quervergleich mit anderen Arbeitgebern nicht zu scheuen.» Dies mutet auf dem Schweizer Finanzplatz seltsam an, wo gemäss Schweizerischen Bankpersonalverband (SBPV) die Tendenz beim Mutterschaftsurlaub bei den Banken eher in Richtung sechs bis zwölf Monate Dauer geht. Banken nutzen das Angebot von langen Mutter- und Vaterschaftsurlauben als Differenzierungsmerkmal und um ihre Attraktivität zu erhöhen.
Gerade Kantonalbanken gelten als familienfreundliche und faire Arbeitgeberinnen. Auch die SHKB wirbt neue Mitarbeitende an, in dem sie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verspricht.
Tatsächlich macht die SHKB in ihrem Statement auf das «Gesamtpaket« aufmerksam, das entscheidend sei. Dieses setze sich aus Aspekten wie Arbeitsinhalt, flexiblen Arbeitszeitmodellen, Unternehmenskultur, Arbeitsplatzsicherheit sowie Sozialleistungen zusammen. Ausserdem würde die SHKB bei Mutterschaft und Vaterschaft spezielle Wünsche bezüglich Weiterbeschäftigung, Urlaubsverlängerung oder Teilzeitmöglichkeiten berücksichtigen. Das sei «viel entscheidender für die Attraktivität des Arbeitgebers».
Wieviel erhalten die Väter?
Das Signal, welches die SHKB mit der Kürzung des Mutterschaftsurlaubs aussendet, kann allerdings auch ganz anders verstanden werden. Gerade bezüglich Vereinbarkeit von Beruf und Familie bewirkt die Kürzung im Prinzip das Gegenteil: Mütter, die zurück in den SHKB-Job gehen, müssen nur drei Monate nach der Niederkunft eine Lösung für die Fremdbetreuung ihres Familienzuwachses gefunden haben.
Punkto Gleichbehandlung: Gemäss SHKB erhalten auch Väter während ihres zweiwöchigen Urlaubes bis zu 100 Prozent des Lohnes, abgestuft nach Dienstjahren. Vorgeschrieben sind nur 80 Prozent oder maximal 196 Franken pro Tag. Die meisten Schweizer Banken gehen darüber hinaus.