Bereits Monate vor Ende der offiziellen Amtszeit hat die Schweizerische Bankiervereinigung einen Nachfolger für ihren Präsidenten Herbert Scheidt gefunden. Marcel Rohner übernimmt eine knifflige Aufgabe.
Die Nebengeräusche waren dieses Mal ausgeblieben: Überraschend früh hat der Verwaltungsrat der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) einen Nachfolger für ihren Präsidenten Herbert Scheidt gewählt: Es ist Marcel Rohner.
Das Gremium tagte am Dienstag und habe Rohner einstimmig gewählt, hiess es in einer am Nachmittag versandten Mitteilung. Der 57-jährige Rohner ist seit Anfang 2018 im Verwaltungsrat der Bankiervereinigung und sitzt auch im Verwaltungsrats-Ausschuss.
Er übernimmt das Ehrenamt am Bankiertag vom 16. September. In der Praxis ist der Aargauer Vize-Präsident der Genfer Privatbank Union Bancaire Privée, ausserdem ist er Verwaltungsrats-Präsident bei der Immobiliengesellschaft Warteck Invest sowie als Verwaltungsrat bei Unternehmungen von Daniel Aegerter tätig.
Wenig Fortune bei der UBS
Rohners höchstes operatives Amt liegt allerdings schon über zehn Jahre zurück. Als 43-Jähriger wurde er 2007 CEO der UBS, nachdem Peter Wuffli wegen seines Anspruches auf einen Verwaltungsratssitz die Grossbank verlassen musste.
Rohner hatte wenig Fortüne: Er wurde von den für die UBS katastrophalen Auswirkungen der US-Immobilienkrise überrollt. Immer wieder war er bei der Grossbank gezwungen, Milliardenverluste zu verkünden. Im Oktober 2008 musste die Schweizerische Nationalbank zur Rettung der UBS ein Paket von über 60 Milliarden Franken schnüren. Wenige Monate später trat Rohner als CEO ab und übergab das Szepter an Oswald Grübel.
Mit Höhen und Tiefen vertraut
«Ich bin mit den Höhen und Tiefen des Bankgeschäfts vertraut», sagte Rohner zu seiner Wahl als Bankierpräsident. Er freue sich, den Finanzplatz voranzubringen «und mit einem klaren marktwirtschaftlichen Kompass zu bestmöglichen Rahmenbedingungen beizutragen, die Raum für Innovation in den verschiedenen Geschäftsfeldern bieten».
Scheidt gibt sein Amt nach einer fünfjährigen Amtszeit ab. Er wird in diesem Jahr 70 Jahre alt und tritt im kommenden Jahr auch als Präsident der Zürcher Vontobel Gruppe zurück.
Viel Wirbel um Pierin Vincenz
Scheidts Mandat hatte 2016 schon im Vorfeld der Wahl für Wirbel gesorgt. Sein Gegenkandidat für das Amt des Bankierpräsidenten war Pierin Vincenz gewesen, der kurz zuvor als CEO von Raiffeisen zurückgetreten war.
Die besondere Note dabei war, dass Scheidt und Vincenz im Zusammenhang mit der Übernahme der Bank Wegelin durch Raiffeisen in einen bitteren Streit um die langjährige Kooperation zwischen Vontobel und der Genossenschaftsbank geraten waren und sich eine längere juristische Auseinandersetzung lieferten. Kolportiert ist auch, dass Vincenz im Prinzip gerne Vontobel übernommen hätte, bei Scheidt und den Familienaktionären aber auf Granit biss.
Der grosse Graben
Auch die Amtszeit von Scheidt war von Nebengeräuschen nicht verschont geblieben. Ein länger schwelender Konflikt in der Bankiervereinigung gipfelte im Herbst vergangenen Jahres im Austritt von Raiffeisen Schweiz aus dem Dachverband.
In der SBVg hatte sich ein Graben zwischen den inlandorientierten Banken und den Grossbanken sowie international tätigen Privatbanken aufgetan. Auch die Basler WIR Bank hat inzwischen den Austritt aus der Bankiervereinigung beschlossen. Scheidt hatte einige Anstrengungen unternommen, die Lobby-Organisation neu auszurichten und den inneren Dissens zu kitten.
In der Mitteilung hiess es, heute präsentiere sich die Bankiervereinigung als agiler, in allen Bereichen des Finanzplatzes stark vernetzter Dachverband mit moderner Governance.