Bei der Zürcher Rothschild & Co Bank betreut ein Kundenberater im Schnitt nicht mehr als 30 Kunden, sagt Laurent Gagnebin, CEO des Hauses, im Interview mit finews.ch. Das mag mit ein Grund gewesen sein, dass das Finanzinstitut im vergangenen Jahr markant zulegte. Doch es gab noch andere, die 2021 ihren Niederschlag finden. 


Herr Gagnebin, wie würden Sie persönlich das Jahr 2020 mit drei Begriffen charakterisieren?

Um viele wertvolle Erfahrungen reicher, unglaublicher Teamspirit, viel Flexibilität gefordert von allen.

Was haben Sie 2020 unternommen, um Ihre Mitarbeitenden bei der Stange zu halten?

Wir haben die interne Kommunikation massiv verstärkt und zahlreiche informelle Gefässe für den Austausch untereinander eingeführt. Dazu gehörten virtuelle Apéros, die abwechslungsweise von einzelnen Teams organisiert wurden, oder auch Sport Challenges, wo man sich mit der Geschäftsleitung messen konnte. Das Feedback und die Beteiligung seitens der Mitarbeitenden waren äusserst positiv. Ich freue mich aber, wenn wir uns alle wieder live sehen. Der Austausch ist halt doch ein anderer.

Sie haben 2020 einen hohen Neugeldzufluss von 1,3 Milliarden Franken verzeichnet. Was waren die Gründe dafür?

Die 1,3 Milliarden Franken sind reine Neugelder. Zusätzlich hatten wir einen positiven Markteffekt von rund 350 Millionen Franken. Ein wichtiger Grund ist sicher, dass wir als familiengeführte und sehr gut kapitalisierte Bank den Kunden Sicherheit vermitteln, etwas das im vergangenen Jahr von den Kunden besonders stark gesucht wurde.

«Jeder Kundenberater betreut im Schnitt weniger als 30 Kunden»

Auch hat sich über die vergangenen Jahre herumgesprochen, dass wir eine permanent überdurchschnittliche Anlageperformance erzielt haben. Deshalb haben viele bestehende Kunden den Teil ihres Vermögens, den sie bei uns verwalten lassen, ausgebaut.

Wie hat sich 2020 das Geschäft in der Schweiz entwickelt?

Detaillierte Zahlen zum Geschäft mit Schweizer Kunden geben wir nicht bekannt. Der Schweizer Markt ist für uns aber seit vielen Jahren sehr wichtig, und wir verzeichneten in den vergangenen fünf Jahren ein Wachstum von mehr als 30 Prozent. Die Zahl der Kundenberater für die Schweizer Kunden haben wir ebenfalls stark ausgebaut, wobei jeder Kundenberater im Schnitt weniger als 30 Kunden betreut.

Dennoch ist es uns auch gelungen, das Kosten-Ertrags-Verhältnis um mehr als zehn Prozentpunkte zu senken. Unter anderem, weil uns die Kunden im Durchschnitt immer grössere Vermögen anvertrauen.

Sie haben 2020 die Genfer Bank Pâris Bertrand übernommen. Wie kam es dazu?

Entscheidend war, dass sich die beiden Banken ideal ergänzen. Die Unternehmenskultur ist ähnlich und die Kundenstruktur ebenfalls. Der Kundenstamm der Banque Pâris Bertrand besteht aus wohlhabenden Familien, Familienunternehmern und institutionellen Anlegern, hauptsächlich aus der Schweiz und weiteren europäischen Märkten. Wie bei uns auch.

«Wir haben nun zwei etwa gleich starke Vertretungen in Genf und Zürich»

Weil die Schweiz für uns ein so wichtiger Markt ist, hielten wir schon länger Ausschau nach einer solchen Möglichkeit. Wir waren aber auch sehr selektiv und wollten nur dann kaufen, wenn alle Kriterien erfüllt waren.

Wie bringt dieses Institut die Rothschild Bank weiter?

Durch die Übernahme der Pâris-Bertrand-Gruppe steigen unsere verwalteten Vermögen auf mehr als 27 Milliarden Franken. Unser Angebot im Bereich Private Markets wird noch stärker, und generell können wir unsere Anlage-Kompetenz weiter ausbauen. Darüber hinaus profitieren die Kunden vom Netzwerk beider Parteien. Zudem sind wir neu in Luxemburg präsent. Insgesamt gibt uns die Übernahme zusätzlichen Wachstumsschub und wir haben nun zwei etwa gleich starke Vertretungen in Genf und Zürich.

Führt diese Übernahme zu einem Stellenabbau?

Da Pâris Bertrand sehr schlank organisiert ist und diverse Back-Office-Funktionen sowie ihre IT extern abgewickelt hat, gibt es praktisch keine Überlappungen beim Personal. Primär ist die Akquisition für uns ja auch eine Wachstumsinitiative. Dennoch können wir auch gewisse Kosten einsparen, beispielsweise, weil alle Mitarbeitenden in unsere bestehenden Büros in Genf einziehen.

Was sind Ihre Prioritäten und Ausbauschritte 2021?

Insgesamt wollen wir weiter nachhaltig wachsen. Die Rothschild & Co-Gruppe hat eine klare Strategie für ihren Wealth Management Bereich mit Fokus auf ausgewählte europäische Onshore-Märkte. Wir sind heute in der Schweiz, Italien, Frankreich, Grossbritannien, Deutschland und Belgien präsent und wachsen überall.

«Ein Grossprojekt ist die Integration von Pâris Bertrand, die wir bis Ende 2021 komplett abschliessen wollen»

In Deutschland haben wir seit vergangenem Sommer mit Henrik Herr einen neuen Geschäftsführer, um unser starkes Wachstum der vergangenen Jahre weiter auszubauen. In Spanien planen wir eine Onshore-Präsenz, die noch dieses Jahr eröffnet werden soll.

Bauen Sie auch personell aus?

Es wird wohl zu einem leichten Ausbau kommen, nicht zuletzt wegen den erwähnten Wachstumsplänen in Deutschland oder Spanien. Ein Grossprojekt ist aber die Integration von Pâris Bertrand, die wir per Ende 2021 komplett abschliessen wollen.

Wie hat sich der Geschäftsgang in den ersten drei Monaten von 2021 entwickelt?

Wir sind zufrieden, wie sich der Neugeldzufluss in den ersten zwei Monaten entwickelt hat, und auch die Märkte sind weiter unterstützend. Die anhaltenden Negativzinsen und die Unsicherheit rund um Covid-19 werden natürlich wiederum einen Einfluss auf unser Ergebnis haben. Eine Ergebnisprognose machen wir keine.


Laurent Gagnebin stiess im Herbst 2011 zur Rothschild Wealth Management Equitas, dem Genfer Standbein der Zürcher Rothschild & Co Bank. Zuvor leitete er die Investec Bank in der Rhonestadt. Ins Banking gelangte er über die Goldman Sachs Bank in Genf, nachdem er zuvor die École hôtelière de Lausanne absolviert und mehrere Jahre in der Hotelbranche gearbeitet hatte. Seit Mitte 2016 führt er als Nachfolger von Veit de Maddalena die Rothschild Bank in der Schweiz.